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Konjunktur: 2007 prächtig, 2008 schwierig

Erstmals seit 1969 gibt es einen ausgeglichenen Staatshaushalt. Der Bundesverband der Deutschen Industrie erwartet ein bleibendes starkes Wachstum. Sogar der Mittelstand plant mit mehr Arbeitsplätzen. Was kann da noch schief gehen?

Von Antje Sirleschtov

Der wirtschaftliche Aufschwung hat Deutschland 2007 zum ersten Mal seit 1969 einen ausgeglichenen Staatshaushalt beschert. Nach Schätzung des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden wuchs das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 2,5 Prozent. Bund, Länder, Gemeinden und Sozialkassen nahmen zusammen rund 70 Millionen Euro mehr ein als sie ausgaben. Unklar bleibt, ob sich der Aufschwung auch 2008 fortsetzt. Während der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) mit einem andauernden Wirtschaftswachstum von bis zu zwei Prozent rechnet, beurteilen Finanzmarktexperten die Lage deutlich negativer.

Im vergangenen Jahr sei die Wirtschaft zum zweiten Mal in Folge kräftig gewachsen, sagte Walter Rademacher, Präsident des Statistischen Bundesamtes am Dienstag in Frankfurt am Main. Allerdings habe sich das Wachstum im Jahresverlauf deutlich abgeschwächt. Im vierten Quartal legte die Wirtschaft ersten Schätzungen zufolge nur noch um 0,25 Prozent zu, nach 0,7 Prozent im dritten Quartal.

Getragen wurde das Wachstum im vergangenen Jahr zum größten Teil vom Export. Rund 1,5 Punkte des Wachstums von 2,5 Prozent entfallen auf die Ausfuhren. Der private Verbrauch trug dagegen nicht zum Wachstum bei. Nach einem Plus von 1,0 Prozent im Jahr 2006 schrumpften die Konsumausgaben im vergangenen Jahr um 0,3 Prozent. Deutlich gestiegen ist dagegen die Zahl der Erwerbstätigen, um 1,7 Prozent auf 39,7 Millionen. „Seit der Wiedervereinigung gingen noch nie so viele Menschen einer Arbeit nach wie 2007“, sagt Rademacher. Der Beschäftigungsboom sorgte für kräftig steigende Steuereinnahmen und den ersten ausgeglichen Staatshaushalt seit fast 40 Jahren. Das Staatsdefizit schrumpfte auf 0,0 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) nach einem Minus von 1,6 Prozent im Vorjahr, teilte das Statistische Bundesamt am Dienstag mit.

Möglich wurde dies allerdings nur durch die Überschüsse von Ländern, Gemeinden und Sozialkassen, der Bund erwirtschaftete immer noch ein Minus. Wie das Finanzministerium am Dienstag mitteilte, hat der Bund seine Neuverschuldung im vergangenen Jahr allerdings auf den niedrigsten Wert seit der Wiedervereinigung gedrückt. Die Nettokreditaufnahme ging nach dem vorläufigen Haushaltsabschluss 2007 auf 14,3 Milliarden Euro zurück. Damit ist der Fehlbetrag rund 100 Millionen Euro höher als im Herbst im Nachtragsetat geplant. Grund dafür seien weniger hohe Steuereinnahmen zum Jahresende und Überweisungen an die EU, die um rund 800 Millionen Euro über den Planungen des Finanzministeriums lagen. Für 2008 ist eine Neuverschuldung von 11,9 Milliarden Euro vorgesehen. Bis spätestens 2011 will Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) einen ausgeglichenen Etat ohne neue Schulden präsentieren.

Voraussetzung dafür ist eine weiter günstig verlaufende Konjunktur – doch deren Vorzeichen verschlechtern sich gerade. Das Stimmungsbarometer des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) fiel im Januar auf den niedrigsten Stand seit 15 Jahren, wie das ZEW am Dienstag in Mannheim mitteilte. Der Indikator sackte im Vergleich zum Vormonat um 4,4 Punkte ab und liegt nun bei minus 41,6 Punkten. Das Institut befragt monatlich rund 270 Finanzexperten zur aktuellen konjunkturellen Lage.

Die Rezessionsgefahr in den USA im Zuge der Immobilienkrise könnte zusammen mit dem starken Euro die Exportwirtschaft schwächen, teilte das ZEW mit. Hoffnungsträger für die konjunkturelle Entwicklung in Deutschland sei der private Konsum, gestützt durch die Erholung am Arbeitsmarkt.

Der Industrieverband BDI geht dagegen davon aus, dass auch die Exportwirtschaft einen guten Teil zum Wachstum 2008 beitragen wird. Es sei sogar möglich, dass Deutschland seinen Titel als Exportweltmeister verteidige, sagte der neue BDI-Hauptgeschäftsführer Werner Schnappauf am Dienstag in Berlin.

„Alles in allem ist der BDI für die Konjunktur 2008 optimistisch“, sagte Schnappauf. Man halte ein Wirtschaftswachstum von „bis zu zwei Prozent“ für erreichbar. Allerdings gebe es „größere Unwägbarkeiten als in den vergangenen Jahren“. Als Beispiele nannte Schnappauf die Euro-Aufwertung, die Finanzmarktkrise und mögliche hohe Lohnsteigerungen. Schnappauf appellierte an die Tarifpartner, mit ihren Abschlüssen das „zarte Pflänzchen Aufschwung“ nicht in Gefahr zu bringen.

Noch optimistischer als die Industrie geht der deutsche Mittelstand ins neue Jahr. Laut Umfrage des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft (BVMW) beurteilen kleine und mittlere Unternehmer das Konjunkturklima so positiv wie nie zuvor und planen die Schaffung weiterer Arbeitsplätze.

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