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Geschäftsmeile Friedrichstraße. Die Berliner Firmen profitieren davon, dass die Menschen mehr Geld ausgeben. Foto: Getty Images/iStock

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Konjunktur: Berlins Geschäftsklima so gut wie lange nicht

Berliner Firmen schätzen ihre Lage als besonders gut ein. Knapp ein Drittel will deshalb neue Jobs schaffen. Doch wenige denken an Digitalisierung.

Von Carla Neuhaus

Die Auftragsbücher der Berliner Unternehmen sind voll, die Umsätze steigen. Entsprechend optimistisch sind die Vorstände und Geschäftsführer derzeit. Das Geschäftsklima schätzen sie aktuell so gut ein wie seit 2005 nicht mehr, zeigt eine aktuelle Umfrage der Berliner Sparkasse unter rund 1800 Unternehmen der Stadt. Gegenüber dem Vorjahr haben sich die Wirtschaftsaussichten damit noch einmal verbessert. Auch in diesem Jahr dürfte das Wirtschaftswachstum in Berlin daher stärker ausfallen als im Bundesschnitt. Konjunkturforscher erwarten, dass die Wirtschaft bundesweit in diesem Jahr um zwei Prozent wächst – in Berlin sogar um 2,5 Prozent.

Den Kleinstunternehmen geht es besonders gut

Einen großen Beitrag leisten dabei die Kleinstunternehmen, die die Berliner Wirtschaft prägen und die ihr Geschäftsklima derzeit besonders positiv einschätzen. Dass es ihnen im Moment so gut geht, hat nach Ansicht der Experten zwei Gründe: Zum einen profitieren die Firmen vom starken Konsum. Weil mehr Berliner einen Job haben, können sie sich mehr leisten. Die Firmen können dadurch mehr Waren verkaufen, ihre Umsätze steigen.

Zum anderen sind unter den Kleinstunternehmen aber auch besonders viele Gründer. Auf 10 000 Einwohner kommen in Berlin derzeit 201 Neugründungen – so viele wie in keiner anderen deutschen Stadt. Das trage zur Dynamik der Berliner Wirtschaft bei, schreiben die Autoren. Dabei sind mit Gründern aber nicht zwangsläufig Start-ups gemeint. Wie zuletzt der Gründerindex der Bürgschaftsbank Berlin Brandenburg gezeigt hat, werden die meisten Betriebe in der Hauptstadt von ausländischen Einwohnern gegründet und zählen zum klassischen Kleingewerbe.

Fast ein Drittel der Firmen schafft neue Jobs

Neue wie alteingesessene Firmen profitieren von der anhaltend guten Wirtschaftslage. So rechnet knapp die Hälfte der befragten Unternehmen mit steigenden Umsätzen. Sie gehen also davon aus, mehr Aufträge erlangen zu können, mehr Waren zu verkaufen. In der Folge suchen etliche Unternehmen Mitarbeiter. Fast ein Drittel der Berliner Unternehmen will der Umfrage zufolge im kommenden Jahr Arbeitsplätze schaffen. Der Beschäftigungsboom in der Stadt dürfte also anhalten. Für Berlin ist das eine Chance aufzuholen. Denn auch wenn bereits seit Jahren in der Stadt mehr  Jobs entstehen als wegfallen, so belegt Berlin bei der Arbeitslosenquote bundesweit doch noch immer den vorletzten Platz. Trotz guter Konjunktur sind in der Hauptstadt 8,6 Prozent der Menschen ohne Job – nur Bremen steht mit einer Arbeitslosenquote von zehn Prozent noch schlechter da.

Trotzdem bleibt die Frage, ob die Berliner Firmen ihre offenen Stellen letztlich auch besetzen können. Fast jedes zweite Unternehmen klagt der Untersuchung zufolge über einen Mangel an Fachkräften und sieht das als „gravierendes Hemmnis der Geschäftsentwicklung“. Und das obwohl Berlin laut einer Analyse der Bundesagentur für Arbeit als „attraktiver Standort“ noch vergleichsweise viele Fachkräfte anlocken kann.

Viele sind auf die Digitalisierung nicht vorbereitet

Dabei ist der Fachkräftemangel nur eine von mehreren Herausforderungen, vor denen die Berliner Unternehmen stehen. Viele sagen, sie müssten in den nächsten fünf Jahren auch ihre Produktpalette erweitern und neue Märkte erschließen. Dazu kommt die stärkere Digitalisierung. Die sehen zwar 60 Prozent der Berliner Unternehmen als Chance. Gleichzeitig verunsichern die neuen technischen Möglichkeiten aber auch viele: Fast jeder dritte Unternehmer der Stadt gibt an, schlicht noch nicht zu wissen, wie stark die Digitalisierung seine Branche verändern wird. Entsprechend sind etliche auch noch nicht tätig geworden. Gerade einmal 27 Prozent der Firmen investieren derzeit in die Digitalisierung ihres Gechäfts. „Insbesondere Kleinstunternehmen beschäftigen sich wenig intensiv mit der Digitalisierung“, schreiben die Studienautoren. Hans Jürgen Kulartz, Firmenkundenvorstand der Berliner Sparkasse, hält das für fatal. „Da sehe ich noch Nachholbedarf“, sagte er. „Wer aus Unsicherheit versucht, das Thema einfach auszusitzen, setzt seine Existenz aufs Spiel.“

Mit Investitionen halten die Firmen sich zurück

Auch sonst sorgen in der Stadt im Moment nur wenige Firmen vor: Nicht nur im Bereich der Digitalisierung sind die Investitionen schwach. Gerade einmal 63 Prozent der Berliner Unternehmen planen derzeit, Geld für neue Maschinen oder die Ausweitung des Geschäfts auszugeben. Die Studienautoren verwundert das angesichts der guten Konjunktur und der günstigen Konditionen, zu denen Firmen Kredite bekommen. Allerdings ist das kein berlinspezifisches Problem. Bundesweit halten sich die Unternehmen mit Investitionen zurück, obwohl sie gerade jetzt in wirtschaftlich guten Zeiten dafür den nötigen Spielraum hätten.

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