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Konjunktur: Düster, düsterer, am düstersten

Die Wissenschaftler übertreffen sich mit immer dramatischeren Einschätzungen des Konjunkturverlaufs

Berlin - Einen Monat ist es her, dass Norbert Walther, Chefvolkswirt der Deutschen Bank, für seine düstere Konjunkturprognose Prügel von Kollegen und Politikern bekommen hatte. Wegen der Krise werde die Wirtschaftsleistung in Deutschland 2009 um fünf Prozent einbrechen, hatte Walther prophezeit. Jetzt hat ihn sein Kollege Jörg Krämer von der Commerzbank im Wettbewerb um die dramatischsten Vorhersagen überholt.

Die zweitgrößte deutsche Privatbank rechnet für 2009 mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von sechs bis sieben Prozent. Auch zahlreiche Forschungsinstitute korrigierten am Montag ihre Prognosen nach unten, die Bundesbank warnte vor wachsender Arbeitslosigkeit. Das BIP umfasst alle Waren und Dienstleistungen, die in einem bestimmten Zeitraum in einer Volkswirtschaft produziert werden, und gilt als Barometer für die Wirtschaftsleistung eines Landes. Und die sinkt, wenn die exportabhängige Wirtschaft ihre Waren nicht mehr im Ausland verkaufen kann. Der Welthandel droht in diesem Jahr so dramatisch einzubrechen wie noch nie seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Das Handelsvolumen werde um neun Prozent schrumpfen, sagte die Welthandelsorganisation (WTO) am Montagabend voraus.

Die Krise ist offensichtlich tiefer und länger, als viele Experten erwartet hatten. So hatte das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) noch im Dezember ein Minus von zwei Prozent für Deutschland vorhergesagt, am Montag musste sich Konjunkturexperte Roland Döhrn korrigieren. „Das haben wir in dieser Dramatik so nicht vorhergesehen“, räumte er ein. Jetzt erwartet das Essener Institut für 2009 ein Minus von 4,3 Prozent. Allerdings werde es im nächsten Jahr mit einem Wachstum von 0,5 Prozent wieder leicht bergauf gehen. Das sieht das Institut für Wirtschaftsforschung Halle anders. Nach Meinung des IWH wird die Wirtschaftsleistung auch 2010 sinken – um 0,2 Prozent. Auch Ostdeutschland bleibe von der Krise nicht verschont.

Auch wenn die Konjunkturprogramme der Bundesregierung ab Jahresmitte einen Beitrag zur Stabilisierung leisten werden, werde die Talsohle des Abschwungs erst 2010 erreicht, schätzt das gewerkschaftsnahe Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK). „Im zweiten Halbjahr 2009 schlägt die wirtschaftliche Schwäche deutlich auf den Arbeitsmarkt durch“, warnte das Institut am Montag. Die Arbeitslosenzahl werde im vierten Quartal saisonbereinigt die Marke von vier Millionen überschreiten, im Jahresverlauf des nächsten Jahres wären wahrscheinlich sogar 4,5 Millionen Menschen ohne Job. Derzeit sind 3,5 Millionen Menschen offiziell arbeitslos.

Auch die Bundesbank fürchtet, dass sich der Konjunktureinbruch zunehmend auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar macht. Besonders stark sei die Kurzarbeit angestiegen. Im September hätten nur 50 000 Menschen kurz gearbeitet, im Februar bereits 724 000. Alarmierend: Nicht nur die Exportindustrie sei betroffen, sondern auch der Dienstleistungsbereich.

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