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Konjunktur: Fette Jahre für Deutschland

Gute Nachrichten von Deutschlands Ökonomen: Der Aufschwung geht weiter – Optimisten halten auch 2011 mehr als drei Prozent Wachstum für möglich.

So viel Einigkeit war selten unter Deutschlands Ökonomen: „Fette Jahre“ sehen die einen auf die Bundesrepublik zukommen, ein „Wirtschaftswunder 2.0“ bejubeln andere. Der starke Aufschwung dieses Jahres, darin sind sich alle einig, wird 2011 nur wenig gebremst weitergehen. Sogar mehr als drei Prozent erwarten die Optimisten unter den Prognostikern. „Die deutsche Wirtschaft bleibt auf Wachstumskurs“, urteilte am Donnerstag auch das Haus von Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP).

Am Donnerstag legten das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW), das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH), das gewerkschaftsnahe Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) sowie die Allianz ihre Annahmen für das kommende Jahr vor. Ein um 3,7 Prozent stärkeres Bruttoinlandsprodukt (BIP) sehen sie für dieses Jahr, zwischen 2,3 und 2,6 Prozent pendeln die Voraussagen für 2011. Nahezu alle namhaften Institute und Banken haben damit nun ihre Prognosen vorgelegt. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) fehlt noch, es will seine Berechnungen Anfang Januar vorlegen. Nach Tagesspiegel-Informationen veranschlagen die Berliner gut zwei Prozent Wachstum für das kommende Jahr und sind damit etwas weniger zuversichtlich als die Kollegen.

Insgesamt unterscheiden sich die Vorhersagen der Ökonomen aber nur geringfügig. „Es ist sehr wahrscheinlich, dass sich der Aufschwung in den beiden kommenden Jahren fortsetzen wird“, urteilen etwa die Fachleute vom IWH Halle. Schon in diesem Jahr ist das BIP um fast vier Prozent gewachsen, so viel wie seit fast zwei Jahrzehnten nicht mehr.

Das ist vor allem deshalb überraschend, weil sich der Rest Europas noch immer mit den Folgen von Finanzkrise und Rezession herumschlägt. Die Deutschen koppeln sich ab – sie profitieren zum einen von den Arbeitsmarktreformen unter Gerhard Schröder, zum anderen davon, dass die Lohnstückkosten seit Mitte der neunziger Jahre kaum gestiegen sind. „Die Früchte dieser Entwicklung können nun, gut 15 Jahre später, geerntet werden“, sagt Carsten Klude von der Bank M. M. Warburg, einer der treffsichersten Ökonomen des Landes. Von einem Ende der Euphorie will die Wirtschaft nichts wissen: Die Einkaufsmanager von Industrie- und Dienstleistungsfirmen sind dem Marktforschungsunternehmen Markit zufolge derzeit so optimistisch wie seit Juni 2006 nicht, dem bislang stärksten Wachstumsjahr dieser Dekade. Die Turbulenzen in der Euro-Zone lassen die deutschen Unternehmen also offenbar kalt.

Vermutlich profitiert Deutschland sogar von der Schwäche seiner Nachbarn: Die Europäische Zentralbank wird angesichts der Schuldenkrise noch viele Monate die Zinsen niedrig halten müssen. Firmen und Bürger können also extrem günstig Kredite für neue Investitionen und Anschaffungen aufnehmen. Und das bei kaum steigenden Preisen , sagt Carsten-Patrick Meier vom Forschungsinstitut Kiel Economics – Importe aus den Nachbarländern blieben wegen der Schwäche der Handelspartner günstig.

Die Vergangenheit lehrt allerdings, dass Konjunkturprognosen mit Vorsicht zu genießen sind. Nicht nur hatten die Ökonomen die Finanzkrise nicht auf dem Zettel. Auch von der anschließenden starken Erholung hierzulande wurden sie überrascht. Noch im Frühjahr bewegten sich die meisten Vorhersagen für 2010 zwischen 1,5 und zwei Prozent – der tatsächliche Wert liegt etwa doppelt so hoch.

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