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Wirtschaft: Konjunktur: Trübe Stimmung in ostdeutschen Unternehmen

Die Stimmung bei ostdeutschen Unternehmen hat sich verschlechtert. Dies ergab die diesjährige Frühjahrsumfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW).

Die Stimmung bei ostdeutschen Unternehmen hat sich verschlechtert. Dies ergab die diesjährige Frühjahrsumfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). "Die Stimmung ist aber schlechter als die tatsächliche Lage", sagte IW-Konjunkturexperte Jörg Beyfuß am Mittwoch in Berlin. Zwar sei für dieses Jahr bestenfalls mit einem Wachstum von zwei Prozent und nicht mehr mit drei Prozent zu rechnen, sagte der Geschäftsführer des IW, Rolf Kroker. Ein Ende des Aufschwungs sei allerdings nicht zu befürchten. Relativ optimistisch gibt sich auch das Hallenser Institut für Wirtschaftsforschung (IWH). In einer aktuellen Prognose geht das Institut von einer Steigerung der Wertschöpfung der ostdeutschen Unternehmen um 2,5 Prozent aus. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) werde gegenüber dem Vorjahr um 1,5 Prozent ansteigen. Die neuen Länder werden aber innerhalb der nächsten zehn Jahre nicht zum Produktivitätsniveau im Westen aufschließen, erwartet das Institut. Nach IWH-Angaben lag das durchschnittliche Produktivitätsniveau in Ostdeutschland im Jahr 2000 bei rund zwei Dritteln des westlichen Niveaus. Um in den kommenden zehn Jahren die Lücke zum Westen schließen zu können, müsste die Produktivität im Osten jährlich um 4,2 Prozentpunkte mehr wachsen als in den alten Ländern. Angesichts der strukturellen Schwächen in Ostdeutschland sei dies wenig wahrscheinlich. Deshalb, so schreibt das IWH, sei selbst ein Produktivitätswachstum, das um zwei Prozentpunkte über dem westdeutschen Wert liege und Gleichstand in den nächsten 20 Jahren ermöglichen würde, ein ehrgeiziges Ziel.

Große Unterschiede zwischen Branchen

Gründe für die gegenwärtig schlechtere Stimmung bei ostdeutschen Unternehmen sind laut IW das abgekühlte weltwirtschaftliche Klima und die gestiegenen Energiepreise. Die Lage in den neuen Bundesländern werde aber nur unwesentlich ungünstiger beurteilt als bei der letzten Konjunkturumfrage im vergangenen Herbst. Nach der Umfrage, die von April bis Mai diesen Jahres durchgeführt wurde, erreichte der Saldo zwischen positiven und negativen Erwartungen den positiven Wert von 39 Prozentpunkten, im Herbst waren es knapp 42 Punkte. Die 430 befragten Unternehmen beurteilen Wirtschaftslage und -perspektiven vor allem hinsichtlich ihrer Exportchancen und Investitionspläne nicht mehr so positiv wie Ende 2000. Grafik: Schlechte Stimmung im Osten Hinter dieser Durchschnittszahl verberge sich allerdings ein erhebliches Branchengefälle, sagte Kroker. Während das verarbeitende Gewerbe und der Dienstleistungssektor ihre Lage weiterhin als robust beurteilten, herrsche in der Baubranche Rezession, erklärte der Geschäftsführer des Kölner Instituts. Der Output liege um knapp 20 Prozent unter Vorjahresniveau, während der Rückgang im Westen nur halb so groß sei. Bei den Investitionsgüterproduzenten hätten die verschlechterten Abschreibungskonditionen zum Jahresende einen Vorzieheffekt ausgelöst, der in diesem Frühjahr für ein Nachfrageloch sorge, welches sich aber wieder ausgleichen werde. Seit Jahresende seien die Auftragseingänge mit zehn Prozent doppelt so stark zurückgegangen wie in der übrigen Industrie, erklärte Kroker. Trotz der eingetrübten Stimmung wollten 38 Prozent der befragten Unternehmen ihren Personalbestand halten, 36 Prozent planten Neueinstellungen und nur 26 Prozent rechneten mit Entlassungen.

Berlin holt auf

Zudem sei auch das konjunkturelle Regionalgefälle in den neuen Ländern immer noch groß, führte Kroker weiter aus. Während sich das Geschäftsklima im ökonomischen Vorzeigeland Thüringen merklich abgekühlt habe, erreichte Berlin das beste Resultat der diesjährigen Frühjahrsumfrage. Erstmals nach vier Rezessionsjahren sei das reale Bruttoinlandsprodukt Berlins im vergangenen Jahr um fast ein Prozent gestiegen. "Hier zeigt sich offenbar ein ökonomischer Hauptstadtbonus", sagte der IW-Geschäftsführer. Das gelte vor allem für den Dienstleistungssektor, der mit einem Plus von vier Prozent überdurchschnittlich expandierte.

In diesem Zusammenhang und mit Blick auf die Verhandlungen über den Solidarpakt II, der ab 2005 einsetzen soll, forderte Kroker ein neues Förderkonzept. Die Förderung müsse ab 2005 reduziert werden. 15 Jahre nach der deutschen Einheit könne man nicht so weiter machen wie bisher, sagte der IW-Geschäftsführer. Angesichts der großen regionalen Unterschiede in den neuen Ländern und der Tatsache, dass es schon heute Regionen im Osten gebe, die Regionen im Westen überholt hätten, müsse die Förderung differenzierter ausfallen. "Man kann das Geld nicht nach dem Gießkannenprinzip über Ostdeutschland verteilen", sagte Kroker. Er sprach sich für eine allgemeine Regionalförderung mit einheitlichen Kriterien für neue und alte Bundesländer aus.

Auch das Hallenser IWH ermittelte beträchtliche regionale Unterschiede des Produktivitätsniveaus. So reiche die Spanne von 96 Prozent des gesamtdeutschen Durchschnitts für das Saarland bis Hamburg mit 136 Prozent. Dies zeige, dass der reine Ost-West-Vergleich nicht mehr angemessen sei. Vergleichbar seien vielmehr Länder und Regionen, die sich hinsichtlich Wirtschaftsstruktur, Einwohnerdichte und Lage kaum unterscheiden, so die Ansicht des Instituts.

jad

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