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Der Export soll im laufenden Jahr drei Prozent zulegen.

© dpa

Konjunkturausblick: Industrie optimistischer als Regierung

Kommt 2012 eine Rezession? Die deutsche Wirtschaft hält die Lage für besser als die Stimmung.

Die deutsche Industrie hält 2012 ein höheres Wachstum als die Bundesregierung für möglich. Blieben gravierende Schocks aus, könne die Wirtschaft ab der zweiten Jahreshälfte wieder Fahrt aufnehmen, sagte Hans-Peter Keitel, Präsident des Branchenverbands BDI, am Donnerstag in Berlin. „Dann ist die eins vor dem Komma möglich.“ Wirtschaftsminister Philipp Rösler rechnet dagegen nur mit einem Plus von 0,7 Prozent.

Eine leichte Rezession im Winter oder Frühjahr „können wir verkraften“, urteilte Keitel. Es sei „nicht außergewöhnlich“, dass die Konjunktur nach zwei guten Jahren schwächer laufe. Umfragen unter den Industrieverbänden signalisierten aber, dass es schon ab dem Sommer bergauf gehen werde. Der Export werde drei Prozent zulegen, die Regierung geht von zwei Prozent aus. Auch die Europäische Zentralbank (EZB) sieht Anzeichen für eine Stabilisierung der Lage im Euro-Raum, wie aus ihrem neuen Monatsbericht hervorgeht – allerdings auf niedrigem Niveau.

Generell seien aber die Risiken gestiegen, räumte Keitel ein. Eines davon sei eine Kreditklemme in der Bundesrepublik – also die Gefahr, dass Unternehmen nicht mehr genügend Kapital für Investitionen bekommen. Angesichts der stärkeren Regulierung des Kreditsektors sei die Geldversorgung vor allem großer Mittelständler und kleiner Großunternehmen in Gefahr, die sich kein Geld auf dem Anleihemarkt besorgen könnten. Keitel hofft, dass Sparkassen und Volksbanken, die weniger stark mit dem Kapitalmarkt verflochten sind, einspringen.

Erstmals seit Wochen ist derweil die Summe, die die Banken über Nacht bei der EZB geparkt haben, unter die Marke von 400 Milliarden Euro gefallen. In der Nacht zum Donnerstag waren es 395 Milliarden Euro. Die Einlagen gelten als Indikator für die Unsicherheit und das Misstrauen der Banken untereinander.

Keitel warnte zugleich seine Managerkollegen, zu offen über ein Scheitern des Euro zu reden. Das sei „fahrlässig“, befand er und zielte damit offenbar auf Linde-Chef Wolfgang Reitzle. Der hatte kürzlich bezweifelt, dass der Euro „um jeden Preis gerettet werden muss“. Es gehe nicht nur um Geld, sagte Keitel. „Viele vergessen die europäische Dimension.“

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