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Konjunkturhilfe: Streit um Konsumschecks

Gewerkschafter und SPD-Politiker fordern staatliche Gutscheine für alle Bürger, um die Konjunktur zu beleben. Doch ausgerechnet der Einzelhandel ist dagegen.

In Politik und Wirtschaft ist ein Streit über die Einführung von Konsumgutscheinen zur Stützung der Konjunktur entbrannt. Teile der SPD und der Gewerkschaften setzen sich vehement für solche Gutscheine ein. „In der richtigen Form würde sich das auf jeden Fall auszahlen“, sagte Gustav Adolf Horn, Chef des gewerkschaftsnahen IMK-Instituts, dem Tagesspiegel. Dagegen lehnt ausgerechnet der Einzelhandel, der von den Konsumgutscheinen profitieren würde, die Idee ab. Die Unternehmen halten mehr davon, den Solidaritätszuschlag abzuschaffen, damit Verbrauchern am Ende mehr Geld zum Ausgeben bleibt.

In der Debatte um den richtigen Weg zur Konjunkturbelebung hatte unter anderen der SPD-Sozialexperte Karl Lauterbach Steuergutscheine ins Spiel gebracht. Zur sofortigen Entlastung solle jeder Bürger eine Gutschrift über beispielsweise 500 Euro bekommen, sagte er – allerdings nur, wenn der Empfänger aus eigener Tasche 200 Euro dazulege. Experimente mit Steuergutschriften gab es bisher nur in den USA, zuletzt im Jahr 2007. Sie trugen zwar dazu bei, den Konsum bis zum Sommer 2008 in Gang zu halten, und stützten damit das Wirtschaftswachstum; doch im dritten Quartal verpuffte der Effekt – und die US-Wirtschaft schrumpfte um 0,5 Prozent.

IMK-Chef Horn ist dennoch überzeugt von der Idee. Sein Vorschlag: Ein Scheck über 125 Euro pro Kopf , der noch im ersten Halbjahr 2009 in den deutschen Briefkästen landen sollte. Neun Milliarden Euro müsste der Finanzminister dafür lockermachen, hat Horn ausgerechnet. „Bis Ende des Jahres müsste der Scheck eingelöst sein“, mahnt er. „Ein Verfallsdatum erhöht den Anreiz, das Geld auszugeben.“ Die Gewerkschaften gehen noch weiter. So plädiert IG-BCE-Chef Hubertus Schmoldt für Barschecks über 250 Euro für jeden Bürger, also nicht nur die Steuerzahler. Verdi-Chef Frank Bsirske will die Bürger sogar mit 500 Euro bescheren. Damit das Geld schnell genug Wirkung entfalte, müsse es innerhalb von 90 Tagen ausgegeben werden, sagte Schmoldt. Den Anstoß für die dümpelnde Konjunktur bezifferte er auf 20 Milliarden Euro. Die Kosten eines anhaltenden wirtschaftlichen Abschwungs lägen höher, argumentiert er. Auch SPD-Chef Franz Müntefering nannte die Idee mit den Gutschriften „nicht unklug“. Eine Entscheidung zeichnet sich in der großen Koalition allerdings noch nicht ab. Unklar ist auch , wie die Gutschriften ausgestaltet werden könnten. Diskutiert werden neben Steuergutschriften auch zeitlich befristete und zweckgebundene Konsumgutscheine. Diese müssten dann in den Geschäften eingelöst und von den Händlern mit dem Finanzamt verrechnet werden.

Der bürokratische Aufwand wäre hoch, befürchtet der Handelsverband HDE. Viel einfacher wäre es, den Solidaritätszuschlag abzuschaffen und die Bürger dadurch dauerhaft zu entlasten, sagte ein Sprecher. Den Aufschlag von 5,5 Prozent auf die Einkommen- und die Körperschaftsteuer zahlen Bürger wie Unternehmen. Das jährliche Aufkommen von rund 13 Milliarden Euro steht dem Bund zu.

Auch Michael Hüther, Direktor des arbeitgebernahen Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW), hält nichts von Konsumgutscheinen oder Steuerschecks. „Das sind Einmaleffekte. Sie kriegen eine Weihnachtskarte von Frau Merkel“, sagt der Ökonom. Langfristige Konsum anreize ließen sich damit nicht setzen. „Die gibt es nur dann, wenn die Bürger ein dauerhaft höheres Einkommen erwarten.“ Deshalb plädiert auch Hüther dafür, den Einkommensteuertarif zu senken oder den Solidaritätszuschlag abzuschaffen.

Stefan Kaiser, Maren Peters

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