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Dienst am Patienten. Niemand will so viel neues Personal einstellen wie die Unternehmen aus dem Bereich Gesundheit und Soziales.

© Kai-Uwe Heinrich

Konjunkturumfrage: Krise war gestern

Fast zwei Jahre nach Beginn der Finanzkrise macht sich in der deutschen Wirtschaft wieder Optimismus breit. Die Unternehmen sind so zuversichtlich wie vor der Rezession und planen neue Jobs.

Berlin - Die Wachstumsaussichten werden besser, weil das Exportgeschäft wieder anzieht und die Unternehmen ihre Investitionen ausweiten wollen. Das ist das Ergebnis einer Konjunkturumfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) unter 22 000 Unternehmen. „2010 hat das Potenzial, ein gutes Jahr zu werden“, sagte Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben am Dienstag in Berlin.

Erstmals seit Verschärfung der Finanzkrise im Herbst 2008 gab es mehr Firmen, die ihre Lage als gut einschätzten (28 Prozent), als solche, die sie für schlecht hielten (18 Prozent). Bei den Erwartungen für die kommenden Monate ist der Unterschied noch deutlicher: 33 Prozent erwarten einen weiteren Aufwärtstrend, nur 14 Prozent glauben, dass es abwärtsgeht. „Die Konjunkturerholung beschleunigt sich – und das über alle Wirtschaftszweige hinweg“, urteilte Wansleben. Die Firmen weiteten ihre Budgets für Investitionen wieder aus – das ist ein Zeichen dafür, dass die Wirtschaftslage stabiler wird. Offenbar finden die Unternehmen auch den Standort Bundesrepublik wieder attraktiv: Das Motiv, im Ausland wegen der dort geringeren Kosten zu investieren, spiele eine immer geringere Rolle, sagte Wansleben.

Die Stütze der Entwicklung ist der Export. Nach Angaben des DIHK entwickeln sich die Bestellungen in Richtung des Niveaus vor der Krise. Dabei spielten Schwellenländer in Asien und Südamerika eine wichtigere Rolle als vor der Krise. Sie bauen ihre Maschinenparks und ihre Infrastruktur aus – dazu benötigen sie die technologielastigen Produkte deutscher Unternehmen.

Angesichts dieser Vorzeichen rechnet der DIHK mit einer weiteren Belebung auf dem Arbeitsmarkt. Im Durchschnitt würden dieses Jahr 3,2 Millionen Menschen eine Stelle suchen – das wäre das niedrigste Niveau seit 1992. Beim Wirtschaftswachstum geht der Verband von 2,3 Prozent aus und liegt damit im oberen Bereich der Prognosen. Die Bundesregierung erwartet lediglich 1,4 Prozent.

Auch in Berlin steigt die Zuversicht – ein Drittel der hier befragten Unternehmen bezeichnete die Geschäftslage als gut, nur jedes achte hielt sie für schlecht. Erstmals seit 2008 sind wieder mehr Neueinstellungen als Entlassungen geplant. Bei den Investitionen blieben die Firmen in der Hauptstadt hingegen vorsichtig.

Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) wertete die Umfrage als „klares Erholungssignal“. Wenn Wirtschaft und Politik gemeinsam Kurs hielten, könne man bei der Konjunktur „auf ein kleines Sommermärchen hoffen“.

Dass die Unternehmen wieder mehr zu tun haben, zeigt auch die Zahl der Arbeitsstunden im ersten Quartal. Jeder Erwerbstätige arbeitete im Schnitt 358,5 Stunden, das waren 4,5 Stunden mehr als vor einem Jahr, wie das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) mitteilte. Dies ist der erste Anstieg seit Beginn der Wirtschaftskrise. Auch bei den Überstunden gab es ein leichtes Plus. Während der tiefen Krise hatten die Firmen auf breiter Front Arbeitszeitkonten abgeschmolzen und kurzarbeiten lassen. Derzeit gilt für 933 000 Beschäftigte eine reduzierte Arbeitszeit, wie das zur Bundesagentur für Arbeit gehörende IAB erklärte.

Finanzmarktexperten teilen den Optimismus nicht. Das Konjunkturbarometer des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), in das die Aussichten für das nächste Halbjahr einfließen, sank von 45,8 Zählern im Mai auf 28,7 im Juni. „Die aktuelle Erholung ist noch fragil“, warnte ZEW-Präsident Wolfgang Franz, zugleich Chef des Sachverständigenrates. Allerdings basiert diese Expertise auf dem Urteil von nur 280 Börsianern – und sie seien durch die EU-Schuldenkrise verunsichert, hieß es beim ZEW.

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