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Wirtschaft: Konsumflaute bremst das US-Wachstum

Im zweiten Quartal legt Amerikas Wirtschaft nur um drei Prozent zu / Kein Risiko für deutschen Export

Berlin - Das Wirtschaftswachstum in den USA hat sich im zweiten Quartal dieses Jahres deutlich abgeschwächt. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) legte mit einer auf das Jahr hochgerechneten Rate von drei Prozent im Vergleich zum Vorquartal zu, teilte das amerikanische Handelsministerium am Freitag in Washington aufgrund einer ersten Schätzung mit. Den exportgetriebenen Aufschwung in Deutschland gefährde dies nicht, sagten Forscher. Der Dollar und die europäischen Börsen reagierten mit leichten Kursverlusten.

In den vergangenen Monaten hatte sich die Wirtschaft der weltgrößten Volkswirtschaft recht robust präsentiert und war eine der Lokomotiven der globalen Konjunktur. Seit Beginn des Aufschwungs im vergangenen Jahr waren so 1,3 Millionen neue Stellen entstanden. Das Wachstum für die Monate Januar bis Ende März korrigierte das Handelsministerium jetzt von 3,9 auf 4,5 Prozent nach oben. Nun scheint sich der Boom leicht abzuschwächen – seit Anfang 2003 ist die US-Wirtschaft nicht mehr so langsam gewachsen. Schuld daran sind die Verbraucher, die vor allem im Juni weniger Geld ausgegeben haben. Der private Konsum, eine der stärksten Stützen der Wirtschaft in den Vereinigten Staaten, nahm nur noch um ein Prozent zu. Der Absatz von Autos und Kühlschränken ging sogar um 2,5 Prozent zurück. Im ersten Quartal hatte es noch ein Plus um 4,1 Prozent gegeben.

„Der Höhepunkt des Aufschwungs scheint schon überschritten, auch weil der Effekt der Steuersenkungen zurückgeht“, vermutete Ulrich Kater, Chefökonom der Deka-Bank in Frankfurt am Main als Ursache. Zudem hätten die hohen Ölpreise bremsend gewirkt. David Milleker, USA-Fachmann bei der Allianz, machte die stark gestiegene Inflation von 3,3 Prozent im zweiten Quartal verantwortlich, welche die Kaufkraft der Bürger geschmälert habe. Aufgrund der raschen Preisentwicklung hatte die amerikanische Notenbank Federal Reserve vor kurzem die Leitzinsen erstmals seit drei Jahren wieder von 1,0 auf 1,25 Prozent angehoben.

Eine deutliche Abschwächung der US-Konjunktur befürchten die Fachleute nun gleichwohl nicht. „Es wird weiterhin robust bergauf gehen, wir erwarten ein Plus von mehr als vier Prozent“, sagte Bastian Hepperle, Konjunkturexperte bei der WestLB in Düsseldorf. Die jüngsten Daten zeigten, dass Amerika nun keinesfalls am Beginn eines Abschwungs stehe.

Für die Konjunktur in Europa und in Deutschland sind durch die US-Schwäche zudem keine gravierenden Belastungen zu erwarten, findet Deka-Experte Kater. „Der Export läuft noch immer gut, und nun scheint allmählich eine Belebung der Binnenwirtschaft hinzuzukommen.“ Die jüngsten Daten – etwa der Auftragseingang im Maschinenbau oder der Ifo-Geschäftsklima-Index – gäben Grund für Optimismus. „Die Chancen stehen gut, dass wir ab 2005 nicht mehr allein vom Exportgeschäft abhängig sein werden, sondern auch der Konsum und die Investitionen einen Beitrag zum Wachstum leisten werden.“

Dafür sprechen auch neue Daten vom Einzelhandel: Im Juni setzten Kaufhäuser, Boutiquen und Supermärkte ein Prozent mehr um als ein Jahr zuvor. Dies teilte das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mit. Das war erst das zweite Mal in diesem Jahr, dass der Einzelhandel ein Plus verzeichnen konnte. Fachgeschäfte lagen allerdings im Minus. Seit mehreren Jahren bereits halten sich die deutschen Verbraucher bei Anschaffungen stark zurück und sind damit eine Ursache der erst jetzt in Gang kommenden wirtschaftlichen Erholung. Auch im gesamten ersten Halbjahr gab es eine Einbuße von 1,3 Prozent beim Umsatz.

Die Börse sackte als Reaktion auf die US-Zahlen im Handelsverlauf ab, fing sich aber wieder. Der Dax schloss bei 3895,61 Punkte – das waren 0,2 Prozent mehr als am Vortag. Der Euro gab im Vergleich zum Dollar am Nachmittag nach. Der Referenzkurs lag bei 1,2039 Dollar.

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