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Wirtschaft: Konzerne: Stromausfälle sind überall möglich

EnBW besitzt ebenfalls Masten aus Thomasstahl / Wirtschaftsminister Glos verlangt Erklärung von RWE

Berlin - Stromausfälle wie im Münsterland sind offenbar auch in anderen Regionen Deutschlands möglich. „Eine solche Eislast wie im Münsterland hätten auch unsere Masten nicht ausgehalten“, sagte Geraldine Schroeder, Sprecherin von Vattenfall Europe, dem Tagesspiegel. Der Konzern ist vor allem in Ostdeutschland aktiv und hat seinen Sitz in Berlin. Ähnlich sieht das Dirk Ommeln, Sprecher von Energie Baden-Württemberg (EnBW): „Es wäre unredlich, zu behaupten, dass bei uns solche Probleme nicht auftauchen könnten.“

Im Münsterland waren nach heftigen Schneefällen 50 Strommasten des zuständigen Energiekonzerns RWE eingestürzt. Bis zu 250 000 Menschen hatten daraufhin tagelang keinen Strom. Ein Teil der umgebrochenen Masten war aus so genanntem Thomasstahl. Dieses Material gilt als spröde und kann deshalb verhältnismäßig leicht brechen. Für Strommasten wurde Thomasstahl deshalb nur bis 1967 verwendet.

Doch auch heute gibt es noch zahlreiche alte Masten – und das nicht nur im Gebiet von RWE. „Natürlich haben auch wir Masten aus Thomasstahl“, sagte Ommeln von EnBW. „Das war damals der Stand der Technik.“ Allerdings habe EnBW diese Masten untersucht und keine materialspezifischen Risiken feststellen können.

Probleme könnten daher nur durch äußere Einflüsse auftreten – und wenn, dann bei allen Masten. „Die Frage ist, wo man die Belastungsgrenze setzt“, sagte Ommeln. „Wenn die Bremsanlage an Ihrem Auto nur für 200 Stundenkilometer ausgelegt ist, dann ist die Sicherheit bei 210 Stundenkilometern eben nicht mehr gegeben.“

Anders sieht es bei Vattenfall Europe aus. Das Unternehmen übernahm das alte DDR-Leitungsnetz – und das wurde fast ausschließlich aus heimischem Ost-Stahl errichtet. Nach der Wende wurde das Netz dann auf den neuesten Weststandard gebracht. „Das Risiko, dass es bei uns noch Thomasstahl-Masten gibt, ist sehr gering“, sagte Sprecherin Schroeder. Das Vattenfall-Netz sei bei weitem das modernste in Deutschland. Bei einem „Jahrhundertereignis“ wie den Schneefällen im Münsterland stelle aber auch dies keine Garantie dar.

Unterdessen wird der Druck auf RWE immer größer. So hat nach der nordrhein-westfälischen Landesregierung nun auch Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) eine Erklärung des Konzerns gefordert. Der Versorger müsse einen „dringlichen Bericht“ zum Zustand seiner Netze vorlegen, sagte Glos. Ein Sprecher des Ministeriums erklärte, man gehe davon aus, dass der Bericht „sofort angefertigt“ würde. Falls es nötig sei, werde man ähnliche Informationen auch von anderen Energiekonzernen verlangen.

Auch von juristischer Seite droht RWE Ärger. So hat das Amtsgericht Steinfurt einen unabhängigen Gutachter mit der Untersuchung der umgestürzten Strommasten beauftragt. Die Ergebnisse könnten als Grundlage für mögliche Schadenersatzforderungen gegen den Konzern dienen. Gutachter wird der Bochumer Professor für Stahl- und Verbundbau, Rolf Kindmann. Er soll nun Beweismittel sichern, die sonst durch den Abriss der Masten verloren gehen könnten.

Der Bundesnetzagentur hingegen liegt noch kein Bericht zu den Stromausfällen vor. Die für die Energieregulierung zuständige Behörde hatte RWE zu einer Stellungnahme aufgefordert.

RWE selbst weist die Vorwürfe zurück. „Den Belastungen durch die Naturkatastrophe im Münsterland hätten keine der in Mitteleuropa verwendeten Masten Stand gehalten“, hieß es. Die nach den gültigen Normen vorgesehenen Belastungsgrenzen seien durch Nassschnee, Eis und Sturm „um mindestens das 15fache überschritten“ worden.

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