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Wirtschaft: Konzert im Telefon

Das Handy wird zum Walkman – Musikbranche, Gerätehersteller und Mobilfunkanbieter mischen mit

Berlin - Die Musikbranche ist schon froh, wenn dieses Jahr die Umsätze nur noch leicht schrumpfen. Doch es gibt Lichtblicke: Experten erwarten bei den legalen Musikangeboten aus dem Internet zweistellige Wachstumsraten. Allerdings mischen in diesem Geschäft immer mehr Firmen mit, die nicht aus der Branche kommen. Der erfolgreichste Verkäufer von Musik im Netz ist der Computerkonzern Apple mit seinem iTunes-Shop. Nach der Digitalisierung wird die Musik nun mobil: Zusammen mit dem Handyhersteller Motorola hat Apple das erste iTunes-Handy vorgestellt. Sony-Ericsson belebt den guten alten Walkman wieder: Er ist jetzt auch ein Handy.

Auf der Musikmesse Popkomm (bis 16. September) sind neben Plattenfirmen daher auch Handyhersteller, Internetfirmen und Mobilfunkanbieter vertreten. „Der Markt für den Download von Musik aus dem Netz ist ein Wachstumsmarkt“, sagt Jörg Hildebrandt, Mobilfunkexperte bei Mercer Management Consulting. „Wir erwarten in Deutschland bis 2008 durchschnittliche Wachstumsraten von 86 Prozent pro Jahr.“ Da die Basis jedoch sehr gering sei, werde der Markt 2008 etwa bei 112 Millionen Euro liegen. Der gesamte hiesige Musikmarkt werde dann ein jährliches Volumen von rund fünf Milliarden Euro haben. Das Geschäft mit Downloads sei noch klein, „aber es entwickelt sich stark“, sagt Hildebrandt.

Als Vorreiter für mobile Musikportale gilt O2. „O2 hat das Feld Musik zeitweise alleine besetzt“, sagt der Mercer-Experte. „Inzwischen mischen alle deutschen Mobilfunkanbieter außer E-Plus mit.“ Mitte Oktober startet O2 ein komplett überarbeitetes Musikportal für Handy und PC. Noch läuft das Musikgeschäft bei den Mobilfunkern nicht rund. Ein Grund ist der Preis: „Alle Mobilfunkanbieter verlangen im Schnitt mehr als die Online-Plattformen.“ Das mache ihnen das Leben schwer, sagt Hildebrandt. Zudem ist das Titelangebot meist geringer, und bei den Angeboten der Mobilfunker mangelt es noch am richtigen Zusammenspiel zwischen Handy und PC. „Erst wenn die drei Faktoren: Preis, Angebot und Benutzerfreundlichkeit besser geworden sind, können die Mobilfunkanbieter ihren Vorteil der Mobilität gegenüber den Online-Plattformen richtig ausspielen“, glaubt Hildebrandt. Beispiel: Kunden können sich eine exklusive Vorabveröffentlichung ihres Lieblingsstars sofort aufs Handy laden – egal wo sie gerade sind. „Jeder wird in Zukunft seine Musik auf dem Handy dabei haben“, prognostiziert Hildebrandt. Angetrieben werde diese Entwicklung von den Geräteherstellern. Die bieten inzwischen schon Handys mit Festplatte an. Aber: „Am Ende wird die Musikwirtschaft davon am meisten profitieren“, sagt der Mercer-Experte.

Darauf vertraut die Branche. „Wir gehen davon aus, dass Mobiltelefone, die eine größere Menge Musik speichern und in ausreichender Qualität abspielen können, die Nachfrage nach legalen MP3s deutlich steigern wird“, sagt Hartmut Spiesecke vom Bundesverband der Phonographischen Wirtschaft. Dann würden neben Internetfirmen und Musikverlagen auch die Netzanbieter am Geschäft verdienen. Langfristig sieht der Deutschland- und Europachef des Musikkonzerns Sony BMG, Maarten Steinkamp, das Musikgeschäft aber nicht in Gefahr. „Die Branche beklagt sich derzeit so viel, dass sie die vielen neuen Chancen übersieht. Das muss sich als Erstes ändern.“

C. Visser, P. Volkmann-Schluck

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