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In dieser Woche will Lufthansa-Chef Spohr verkünden, wohin die Reise geht.

© dpa

Kooperation mit Air China?: Woche der Entscheidung für Lufthansa

Warten auf die Verwandlung: Deutschlands größte Airline macht ein Geheimnis um ihre Zukunfts-Strategie. Der neue Lufthansa-Chef Carsten Spohr braucht ein Konzept im Umgang mit den Asiaten: Kooperiert er jetzt mit Air China?

Carsten Spohr hält dicht. Seit Wochen. Am 1. Mai hat der 47-Jährige seine Aufgabe als Chef der Lufthansa übernommen. Und seitdem kein Wort über seine Pläne verloren. Nur eines scheint klar: Allein in weiteren Sparprogrammen sieht er kein Mittel, die Lufthansa voranzubringen. Er will, das hat Spohr schon 2013 als Chef der Passagiersparte deutlich gemacht, investieren und den Service und die Ausstattung der Kabine so entwickeln, dass die Lufthansa zur „Fünf-Sterne-Airline“ aufsteigt und in den exklusiven Kreis rückt, dem derzeit nur acht arabische und asiatische Airlines angehören. Lufthansa ist mit vier Sternen nur guter Standard. Spohrs Credo: Weil Lufthansa nicht zu den günstigsten Anbietern gehört, müssen Service und Komfort umso besser sein.

Aber sonst? Bis auf angebliche Aussagen von Lufthansa-Managern über mögliche Strategien im Wettbewerb mit Billigfliegern ist nichts Konkretes zu hören. Spohr hat die gesamte Firma zum Schweigen verdonnert, und auch Aktionäre und Öffentlichkeit auf den 9. Juli verwiesen. Dann legt er seine Pläne auf den Tisch.

Der europäische Markt ist hart umkämpft

Die Vorgaben sind nach der Gewinnwarnung von Anfang Juni klar. Lufthansa wird 2014 einen Betriebsgewinn von nur einer Milliarde und nicht von 1,3 bis 1,5 Milliarden Euro erreichen. 2015 soll er mit zwei statt 2,65 Milliarden Euro auch deutlich niedriger liegen als ursprünglich erwartet. Das ist zu wenig, um die notwendigen Investition zu stemmen, darunter der Kauf von 261 neuen Jets zu Listenpreisen von insgesamt 31 Milliarden Dollar bis 2025. Aktuell ist die Geschäfts- und Buchungslage vor allem im Nordamerika- und Europa-Verkehr angespannter als sie Spohr-Vorgänger Christoph Franz Ende April auf der Hauptversammlung dargestellt und mit einer Dividende für die Aktionäre untermauert hatte. Lufthanseaten sind sauer, dass Franz die Lage zu seinem Abschied geschönt hat. Ohnehin war der jetzige Verwaltungsratschef des Schweizer Pharmakonzerns Roche wegen seines oft harschen Tonfalls bei den Mitarbeitern nie besonders beliebt.

Spohr hat viel bessere Karten, weil er im Ton konzilianter auftritt und als ausgebildeter Pilot ein Gespür für die Stimmung im Unternehmen hat. Seit 20 Jahren arbeitet der Wirtschaftsingenieur für Lufthansa, seit 2011 als Chef der Passagiersparte. Beobachter wie Jürgen Pieper, Luftfahrt-Analyst beim Bankhaus Metzler, haben selten so gespannt auf Äußerungen eines neuen Lufthansa-Chefs gewartet wie diesmal. Klar ist für ihn: Ein neues Sparkonzept wird Spohr nicht präsentieren. Ohnehin läuft das aktuelle Spar- und Effizienz-Programm Score noch bis 2015. „Spohr wird es allenfalls präzisieren“. Ab 2015 soll das Betriebsergebnis im Vergleich zu 2011 durch Score um 1,5 Milliarden Euro pro Jahr höher liegen.

Neue Billig-Airline "unwahrscheinlich"

Für Pieper sind die langfristigen Herausforderungen wichtiger als neue Sparprogramme. Da geht es zum einen um die Billig-Wettbewerber in Europa. Nicht mehr Ryanair sondern Easyjet sei der Hauptkonkurrent. „Die Entwicklung dort ist phänomenal. Außerdem fliegt Easyjet etablierte Flughäfen an und nicht abgelegene Airports wie Ryanair“. Mit der Neuausrichtung von Germanwings vor einem Jahr hat die Lufthansa einen wichtigen Schritt für den defizitären innerdeutschen und innereuropäischen Verkehr abseits der Drehkreuze Frankfurt und München getan. „Wir sind unserem Ziel, im Kurzstreckenverkehr außerhalb der großen Hubs profitabel zu fliegen, einen großen Schritt näher gekommen“, sagt Spohr. Aber das reicht nicht: Neben Germanwings könnte er Eurowings zu einer zweiten Lufthansa-Preiswert-Airline für Europa formen. Ein gemeinsamer Auftritt der Töchter, sagt Pieper, sei unwahrscheinlich, weil Eurowings die günstigeren Gehaltstarifstrukturen hat und deshalb preiswerter arbeiten kann.

Spekulationen über eine Billigmarke der Lufthansa auf der Langstrecke hält nicht nur Pieper für abwegig. Es wäre in der Branche ein Novum. Bislang beschränken sich Billigflieger auf ihren jeweiligen Kontinent. „Da werden im Konzern von Assistenten viele Papiere geschrieben“, glaubt Pieper. Ryanair spricht seit Jahren von interkontinentalen Angeboten. Passiert ist nichts. Southwest Airlines, der größte und erfolgreichste US-Billiganbieter, beschränkt sich auf den Heimatmarkt. Billig-Airlines in Asien fliegen nur in der Region.

Kooperation mit Air China? Spohr ist mit Merkel in Peking

Carsten Spohr ist zur Zeit mit Angela Merkel in China.
Carsten Spohr ist zur Zeit mit Angela Merkel in China.

© dpa

Gleichwohl muss Spohr vor allem im Asienverkehr Zeichen setzen. Und dies zügig. Nach wie vor agieren die staatlichen Gesellschaften vom persischen Golf – Emirates, Etihad und Qatar Airways – extrem aggressiv, wie der jüngste Einstieg von Etihad bei Alitalia zeigt. Immerhin hat Lufthansa über die gerade von ihr als Sponsor geförderte Aufnahme von Air India in das Luftfahrt-Bündnis Star Allianz die Lücke in Indien gefüllt. Spohr selbst hatte den Einstieg der Inder zum 11. Juli vor wenigen Tagen gemeinsam mit seinem Kollegen von Air India und dem Chef der Star Allianz verkündet.

Laut Berichten von „FAZ“ und „Spiegel“ setzt Spohr nun außerdem auf ein Bündnis mit Air China. Geplant sei die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens, um künftig Streckennetze und Flugpläne aufeinander abzustimmen, heißt es. Spohr, der aktuell mit einer Manager-Delegation auf Einladung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in China ist, wolle in Peking im Beisein der Bundeskanzlerin einen Vertrag mit Air-China-Chef Cai Jianjiang unterzeichnen, schreibt „Spiegel Online“. Ein Lufthansa-Sprecher wollte die Meldung am Samstag weder bestätigen noch dementieren. Annäherungsversuche mit der Linie Turkish Airlines waren vor zwei Jahren gescheitert.

Der Streik hat den Piloten geschadet

Punkten könnte Spohr, wenn er am 9. Juli den Abschluss der Verhandlungen mit der Pilotenvereinigung Cockpit verkünden würde. Seit dem dreitägigen Piloten-Streik Anfang April – der Pieper zufolge durch Flugausfälle, Stornierungen und Umbuchungen bis zu 100 Millionen Euro gekostet haben dürfte – verhandeln beide Seiten hinter verschlossenen Türen. Hauptstreitpunkt ist die Vorruhestands- und Altersversorgung der rund 4500 Piloten. Sie können bislang ab 55 in Vorruhestand gehen und erhalten dabei bis zu 60 Prozent der letzten Bezüge, die nicht gerade niedrig sind. Nach Ansicht des Vorstandes ist das System nicht durchzuhalten. Für neue Piloten soll es Abstriche geben. Dem Vernehmen nach hat der Streik den Piloten eher geschadet – auch sehr viele der 117 000 Lufthansa-Mitarbeiter waren verärgert – als ihren Wunsch nach Erhalt des Systems gestützt. Zudem ist ihre Position durch die Gewinnwarnung geschwächt worden. Spohr hat in diesem Feld keine schlechten Karten.

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