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Kopierschutz: Phonoverband kritisiert Jobs als "scheinheilig"

Apple-Chef Steve Jobs hat die vier größten Plattenfirmen aufgefordert, im Internet auf einen Kopierschutz zu verzichten. Der deutsche Phonoverband regierte mit harscher Kritik auf Jobs' Vorschlag.

Cupertino/Berlin - Der deutsche Phonoverband bezeichnete die Forderung von Jobs als "durchsichtig" und "scheinheilig". "Apple versucht, seine Probleme mit dem eigenen Kopierschutz zum Problem der Musikindustrie zu machen", sagte Michael Haentjes, Vorsitzender der deutschen Phonoverbände. Für Apple sei die Strategie, ein für andere Anbieter geschlossenes DRM-System einzusetzen, der Schlüssel zum Erfolg gewesen. Wie von der Musikindustrie mehrfach gefordert, solle Apple "Fairplay" auch für andere Anbieter lizenzieren. Solange es ein krasses Missverhältnis zwischen illegalen und legalen Downloads gebe, könne man es niemandem verdenken, sein geistiges Eigentum zu schützen. So seien 2005 allein in Deutschland die illegalen Downloads von Musik mit 420 Millionen Songs rund 20 Mal höher als die Zahl der legal über das Internet verkauften Titel gewesen.

In einem Essay schrieb Jobs auf der Website von Apple, dass Online gekaufte Musikstücke können ohne Kopierschutz problemlos auf allen mobilen Geräten abgespielt werden. Die Anti-Piraterie-Systeme der gängigen Onlineshops könnten illegales Kopieren ohnehin nicht verhindern. Außerdem verkaufe die Musikindustrie den Großteil ihrer Produkte ohne Kopierschutz auf CD.

In einer Welt ohne "Digital Rights Management" (DRM) könnte jeder Player Songs aus jedem Laden abspielen und jeder Onlineladen könne Musik verkaufen, die auf jedem Player laufen. "Das ist sicherlich die beste Alternative für die Verbraucher. Und Apple würde dies sofort begeistert annehmen."

Reaktion auf Kritik an "Fairplay"

Jobs reagierte damit auf die anhaltende Kritik von Verbraucherschützern an dem im iTunes Store von Apple eingesetzten Kopierschutzsystem "Fairplay". Mit "Fairplay" geschützte Songs können mobil nur auf einem iPod von Apple abgespielt werden. Apple müsse die Musik schützen, da insbesondere die "Großen Vier" der Musikindustrie - Universal, Sony BMG, Warner und EMI - dies in ihren Lizenzbestimmungen für den Online-Vertrieb verlangten.

Sprecher der Musikfirmen sagten, es sei noch zu früh zu sagen, ob und wie die Branche auf den Vorschlag von Steve Jobs antworten werde. "Die fehlende Kompatibilität zwischen den verschiedenen Online-Plattformen und den Endgeräten wird aber mehr und mehr zu einer echten Frage für die Musikkäufer", sagte EMI-Sprecherin Jeanne Meyer dem "Wall Street Journal". Terry McBride, Chef des unabhängigen Labels Nettwerk Music Group ("Barenaked Ladies"), begrüßte die Initiative von Jobs. "Wenn einer das schaffen kann, dann Steve."

"Gedanken über Musik"

In dem 1800 Wörter langen Essay "Gedanken über Musik", der auf der Website von Apple veröffentlicht wurde, wendet sich Jobs gegen den Vorschlag, den Apple-Kopierschutz "Fairplay" an andere Hersteller von Musikplayern zu lizenzieren. Wenn Apple die Betriebsgeheimnisse rund um "Fairplay" mit anderen Firmen teile, würden diese Geheimnisse schnell im Internet landen und die Technologie völlig außer Kraft setzen.

Jobs forderte die Europäer auf, den Wunsch nach einer Öffnung des Online-Musikmarktes an die Musikfirmen heranzutragen: Der größte der vier "Majors", Universal, werde durch die französische Vivendi kontrolliert, EMI sei britisch und Sony BMG gehöre zur Hälfte der deutschen Bertelsmann AG. "Wenn (die Musikfirmen) überzeugt werden, ihre Musik an Apple und andere ohne DRM zu lizenzieren, wird einen wirklich freien und vollständig kompatiblen Marktplatz schaffen."

Internet: Steve Jobs: "Thoughts on Music" (tso/dpa)

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