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Ein Zeuge. Für den Staatsanwalt ist Hakan Samuelsson kein Beschuldigter. Foto: dpa

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Korruptionsaffäre: MAN fordert hunderte Millionen von ehemaliger Chefetage

Der ehemalige MAN-Chef Samuelsson soll wegen einer Korruptionsaffäre 237 Millionen Euro zahlen. Und nicht nur an ihn erging eine Zahlungsaufforderung in dieser Höhe.

München - Wie viel Schadenersatz muss ein Manager bezahlen, wenn in seiner Amtszeit das Unternehmen stark geschädigt wurde? Der Aufsichtsrat des Münchner MAN-Konzerns gibt darauf eine überraschende Antwort. Dessen Aufsichtsrat fordert von dem Ex-Vorstandsvorsitzenden Hakan Samuelsson den höchst möglichen Betrag: 237 Millionen Euro, die der Nutzfahrzeughersteller für die 2009 aufgeflogene Korruptionsaffäre und deren Folgen aufbringen musste. Und nicht nur an Samuelsson erging eine Zahlungsaufforderung in dieser Höhe, sondern auch an jedes weitere der ehemaligen sechs Vorstandsmitglieder. Dahinter steckt Ferdinand Piëch, der mächtige Mann des VW-Konzerns und Aufsichtsratsvorsitzender von MAN. VW ist mit 30 Prozent MAN-Hauptaktionär.

Der Lkw-Hersteller wollte am Montag keinen Kommentar zu dem Thema abgeben. Ein Sprecher listete aber auf, wie man in etwa auf die verlangte Summe gekommen sei: Rund 150 Millionen Euro musste MAN als Bußgeld an das Münchner Landgericht und an die Staatsanwaltschaft bezahlen, 20 Millionen wurden demnach für Steuernachzahlungen fällig, Anwaltskosten fielen in Höhe von 50 Millionen an. Dass es die Schadenersatzforderung gibt, ist auch auf Aussagen von Samuelsson-Anwalt Wolf-Dieter von Gronau zurückzuführen. Er lehnte die Ansprüche als unbegründet ab.

Die MAN-Vertriebsabteilung hatte in dem Korruptionsskandal zwischen 2001 und 2007 Entscheidungsträger im Ausland geschmiert, um an Aufträge für Lkw und Busse zu kommen. Von 20 Ländern ist die Rede und von Zahlungen zwischen 80 und 100 Millionen Euro. Als die Bestechung bekannt wurde, kündigte der mittlerweile 59 Jahre alte Schwede Samuelsson Aufklärung ohne Rücksicht an. In einem firmeneigenen Amnestieprogramm zeigte sich nahezu die gesamte Vertriebsabteilung selbst an. Für die Münchner Ermittler war Samuelsson nie Beschuldigter, wie die Oberstaatsanwältin Barbara Stockinger dem Tagesspiegel sagte. Strafrechtlich ist ihm also offenbar nichts vorzuwerfen. Gegen mehrere andere ehemalige MAN-Mitarbeiter hingegen laufen die Ermittlungen noch, es wird mit Prozessen gerechnet.

Ferdinand Piëch soll Samuelsson nicht wegen der Korruption vor die Tür gesetzt haben. Vielmehr dürfte Piëch erzürnt darüber gewesen sein, dass Samuelsson versucht hatte, den schwedischen MAN-Konkurrenten Scania zu schlucken – ohne den Großaktionär VW dabei zu berücksichtigen. Was Piëch nun dazu bewegt, von den Ex-Bossen den enormen Betrag von 237 Millionen Euro zu fordern, ist unklar. Ein Rachefeldzug aus Eitelkeit? Oder will er zeigen, dass es bei Korruption null Toleranz gibt?

Zum Vergleich: Der Siemens-Korruptionsskandal hat insgesamt 2,5 Milliarden Euro Schaden verursacht, der damalige Vorstandschef Heinrich von Pierer bezahlte fünf Millionen. Samuelssons Jahresgehalt lag bei drei bis vier Millionen Euro. Er dürfte das Geld also kaum jemals aufbringen. Allerdings wäre das dann ein Fall für die Manager-Haftpflichtversicherung.

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