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© dpa

Korruptionsskandal: Abrechnung bei Siemens

Neun ehemalige Manager zahlen rund 20 Millionen Euro. Zwei weitere müssen mit einer Klage rechnen.

Berlin - Siemens kommt in der Bewältigung der Schmiergeldaffäre einen gewaltigen Schritt voran. Das Unternehmen hat sich mit sechs weiteren ehemaligen Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern über Vergleiche geeinigt. Der Aufsichtsrat stimmte in seiner Sitzung am Mittwoch den Vereinbarungen zu, die jetzt noch von der Hauptversammlung am 26. Januar abschließend gebilligt werden müssen. „Ich bin sicher, vielen aus dem Herzen zu sprechen, dass wir erleichtert über diese Entwicklung sind und froh und dankbar allen gegenüber, die dazu beigetragen haben“, schrieb Siemens- Chef Peter Löscher am Mittwoch in einem Brief an Führungskräfte. Er sei auch froh darüber, dass sich die ehemaligen Mitglieder von Vorstand und Aufsichtsrat zu diesem Weg entschlossen hätten. „So bleiben allen langwierige und belastende Verfahren erspart.“ Zwei ehemalige Vorstände müssen allerdings nun mit einer Schadenersatzklage rechnen.

Im November 2006 hatte die Staatsanwaltschaft München mit ihren Ermittlungen gegen Siemens begonnen. Die Aufarbeitung der Schmiergeldaffäre, in der über Jahre hinweg 1,3 Milliarden Euro in dunkle Kanäle flossen, hat das Unternehmen seither rund 2,5 Milliarden Euro gekostet. Der seit Juli 2007 amtierende Vorstandschef Peter Löscher hatte eine rückhaltlose Aufklärung der Schmiergeldaffäre zugesagt. Von insgesamt elf ehemaligen Mitgliedern des Vorstands und Aufsichtsrats forderte Siemens Schadenersatz. Ihnen wird vorgeworfen, ihre Aufsichtspflicht verletzt und so die schwarzen Kassen im Unternehmen begünstigt zu haben. Mit drei ehemaligen Vorständen hatte sich das Unternehmen bereits Ende August auf einen Vergleich geeinigt. Keine Einigung wurde mit den früheren Mitgliedern des Vorstands Thomas Ganswindt und Heinz-Joachim Neubürger erreicht, gegen die zugleich strafrechtliche Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft München anhängig sind. Sie müssen noch vor der Hauptversammlung mit einer Schadenersatzklage rechnen.

Vor allem der frühere Vorstands- und Aufsichtsratschef Heinrich von Pierer, in dessen Amtszeit die Schmiergelder flossen, hatte sich lange gegen einen Vergleich gewehrt. Er wollte nicht wie gefordert mit sechs Millionen Euro die höchste Summe zahlen und somit als Hauptschuldiger dastehen. Nun zahlt er mit fünf Millionen Euro trotzdem mehr als alle anderen. Dennoch weist Pierer nach wie vor die gegen ihn erhobenen Vorwürfe mit Nachdruck zurück, wie er am Mittwoch durch seinen Anwalt mitteilen ließ. Dies werde in der Vereinbarung mit Siemens auch ausdrücklich so festgehalten. Pierer habe sich und seiner Familie eine gerichtliche Auseinandersetzung mit existenzbedrohenden Prozess- und Kostenrisiken nicht zumuten wollen. „Ein solches Risiko besteht für die Siemens AG nicht“, hieß es. Pierer hatte mit dem Rücktritt vom Aufsichtsratsvorsitz im April 2007 die Konsequenzen aus dem Korruptionsskandal gezogen. Eine persönliche Verwicklung in dieAffäre bestritt er und räumte lediglich eine „politische Verantwortung“ ein. Auch Pierers Nachfolger, Klaus Kleinfeld, der heute Chef des US- Konzerns Alcoa ist, muss zahlen. Insgesamt fließen Siemens über die Vergleiche rund 20 Millionen Euro zu.

Parallel zu der Aufsichtsratssitzung protestierten am Mittwoch in München hunderte Siemens-Beschäftigte gegen den Stellenabbau bei dem Konzern. Die Beschäftigten aus München, Erlangen Berlin und anderen Standorten warfen Siemens vor, systematisch Stellen abzubauen und dies unter dem Schlagwort „Portfoliopolitik“ zu verschleiern. An der Demonstration nahe der Zentrale in der Innenstadt beteiligten sich unter anderem Beschäftigte des Gemeinschaftsunternehmens Nokia Siemens Networks, das besonders stark von einem Stellenabbau betroffen ist, und Beschäftigte des Berliner Schaltwerks, wo 160 Arbeitsplätze gestrichen werden sollen.

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