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Wirtschaft: "Korruptionssünder nicht herausgreifen"

In der Wirtschaft wachsen die Bedenken gegen eine schwarze Liste für Korruptionssünder. Ludolf von Wartenberg, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), sagte dem Tagesspiegel, dass er daran zweifle, ob ein solches Register mit der Verfassung zu vereinbaren sei.

In der Wirtschaft wachsen die Bedenken gegen eine schwarze Liste für Korruptionssünder. Ludolf von Wartenberg, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), sagte dem Tagesspiegel, dass er daran zweifle, ob ein solches Register mit der Verfassung zu vereinbaren sei. Bundeswirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) hatte nach den Korruptionsfällen in der Kölner SPD Mitte März vorgeschlagen, Firmen, die der Bestechung überführt worden seien, von öffentlichen Aufträgen auszuschließen.

Schon bisher wurden die meisten Versuche, einzelne Unternehmen von öffentlichen Ausschreibungen auszuschließen, von den Gerichten verworfen. So hatte die Bundesanstalt für Arbeit nach der Wiedervereinigung versucht, betrügerische Weiterbildungsfirmen in Ostdeutschland von Aufträgen auszuschließen. Diese Sperre wurde von den Gerichten als rechtswidrig aufgehoben: Nur weil ein Unternehmen einmal gegen die Ausschreibungsbedingungen verstoßen habe, dürfe es nicht generell ausgeschlossen werden. Die Gerichte fanden, dass das Strafrecht in solchen Fällen ausreiche.

Allerdings kann der Staat allgemeine Vergabeprinzipien in einem Gesetz festschreiben. Das gilt zum Beispiel für das Tariftreuegesetz. Nach den SPD-Bestechungsvorwürfen hatte Minister Müller eine schwarze Liste für die Unternehmen, die bestochen haben, in die Diskussion gebracht. Im April soll der Bundestag über das neue Tariftreuegesetz entscheiden. Bisher ging es in dem Gesetz ausschließlich darum, Unternehmen von öffentlichen Aufträgen ausschließen zu können, sollten sie nicht den jeweils am Ort gültigen Tarif bezahlen. Es gab starke Kritik an dem Gesetz, weil so auch ostdeutsche Firmen getroffen werden, die mit geringer bezahlten Mitarbeitern Aufträge in Westdeutschland übernehmen. Mit der Erweiterung um Bestechungssünder würde Müller ein neues, stärkeres Argument präsentieren.

Der BDI sieht mehrere rechtliche Prinzipien verletzt, wenn es eine schwarze Liste für Unternehmen geben soll, die bestechen oder bestochen haben. Der Gleichheitsgrundsatz könnte durch schwarze Listen für Bestechungssünder verletzt werden, sagte von Wartenberg, weil nur eine bestimmte Gruppe von Wirtschaftsstraftätern in dieser Weise behandelt werden soll. Außerdem könnten Persönlichkeitsrechte missachtet werden, wenn es um Einzelfirmen geht oder wenn der Name des Inhabers im Firmennamen erscheint. Kritiker weisen außerdem darauf hin, dass keine andere Straftat eines Unternehmers so geahndet wird: Für normale Kriminalität, auch wenn sie dramatische Ausmaße annehme, reiche das Strafrecht aus.

Allerdings, sagte von Wartenberg, fordere der BDI eine strengere Bekämpfung der Korruption in den Unternehmen. Seit Jahren setze sich sein Verband aktiv dafür ein und empfehle seinen Mitgliedern effektivere Kontrollen.

Seit Mitte der 90er Jahre hat die Bestechung in Deutschland stark zugenommen. 1994 gab es laut Bundeskriminalamt hier zu Lande lediglich 258 Korruptionsverfahren. Bis zum Jahr 2000 stieg die Zahl auf 1243. Dabei wurde vor allem in Bau- und Kommunalbehörden geschmiert. Vorwiegender Grund: der Zuschlag bei Aufträgen und andere Wettbewerbsvorteile. Das strahlt auch auf das Bild Deutschlands im Ausland ab. Regelmäßig veröffentlicht Transparancy International, ein Verein, der gegen Korruption kämpft, eine Rangfolge der Länder, die als wenig korrupt angesehen werden. Ganz oben im Jahr 2001 waren Finnland und Dänemark. Deutschland schaffte es nur noch auf Platz 20 - hinter Israel und Chile. 1999 lag die Bundesrepublik noch auf Platz 14.

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