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Kosmetik: Make-up aus Bayern

Wie der Familienunternehmer Helmut Baurecht mit der Art-Déco-Gruppe große Marken wie Dior und Chanel überholt hat.

Düsseldorf - „Wissen Sie, was bei uns Meinungsaustausch ist?“, feixt Helmut Baurecht, der Inhaber der Art-Déco- Gruppe: „Meine Leute kommen mit ihrer Meinung zu mir rein und gehen mit meiner Meinung wieder raus.“ Er praktiziere Management by Helicopter, erzählt er: „Einfliegen, Staub aufwirbeln und im nächsten Augenblick wieder weg sein.“ Für die sechs Leute in der Geschäftsleitung seines Kosmetikunternehmens fungiere er als Berater. Jeder von ihnen führe seinen Bereich – aber er, Baurecht, greift ein, wenn nötig. Das kann auch bei kleinen Dingen passieren – und es kann täglich passieren.

Der 56-jährige Wahl-Bayer lässt sich das Heft nicht aus der Hand nehmen. Unabhängig sein ist Baurechts Ziel. Und das hat er erreicht: Seine Art-Déco-Gruppe ist in Deutschland Marktführer bei dekorativer Kosmetik wie Make-up, Nagellack, Lidschatten oder Wimperntusche. Sie hat einen Marktanteil von 18 Prozent beim Umsatz oder 40 Prozent bei der Stückzahl der verkauften Produkte. Art Déco exportiert in mehr als 50 Länder weltweit. „Anfangs wurde Baurecht belächelt, so wie bei David gegen Goliath“, erinnert sich Hans-Gerd Hegener, Experte für dieses Segment bei der Beratungsfirma Rölfs Partner Management Consultants.

Wie es Baurecht geschafft hat, sich gegen eine Phalanx von Namen wie Chanel, Lancôme oder Yves Saint Laurent mit ihren riesigen Werbeetats durchzusetzen? „Ich habe die Nische gesucht“, beschreibt der gebürtige Wiener. Und er fand sie: „Teure Marken gab’s genug und billige Marken ohne Qualität auch.“ Aber keine preiswerte Alternative mit Qualität. Berater Hegener aus Düsseldorf urteilt: „Kosmetik ist teuer, und Art Déco hat den Preisschirm der Etablierten unterflogen.“ Und dass Art Déco sich zuerst auf Kosmetikinstitute spezialisierte, sei ein cleverer Schachzug gewesen. Heute lächele in den großen, behäbigen Konzernen keiner mehr über Art Déco. Im Gegenteil, sagt Hegener: „Die dürften sich ungeheuer ärgern, weil sie das Feld nicht selbst mit Zweitmarken nach unten abgesichert haben.“

Weil Art Déco Produkte zum Nachfüllen herausbrachte, „generierten diese Folgekäufe“. Den letzten Kick brachte dann ein Magnetsystem etwa für Lidschatten- Dosen, womit die Kundinnen mehrere Farben nach Wahl in einer Dose kombinieren können. Vor fünf Jahren gelang es Baurecht dann, die großen Marken zu überrunden. „Als ich begann, gehörte Marbert noch zu den großen, heute könnte ich sie übernehmen, aber ich will es nicht“, sagt Baurecht. Die deutschen Marken hätten sich von den Franzosen und Amerikanern abhängen lassen.

Der Umsatz von Art Déco wird 2008 bei 73 Millionen Euro liegen, sagt Baurecht, in zwei Jahren soll er 84 Millionen Euro betragen. Die Art-Déco-Gruppe – samt den Linien Beyu und Malu Wilz – kommt dieses Jahr auf 117 Millionen Euro. In zwei Jahren will Baurecht 140 Millionen Euro erreichen. In Deutschland sind seine Linien Art Déco bei den 400 Douglas-Filialen und großen Kaufhäusern zu haben, Beyu nur bei Douglas. Eine weitere Linie, Malu Wilz, wird nur über Kosmetikinstitute angeboten und Make-up-Factory nur über die 280 Parfümerien der süddeutschen Kette Müller.

Auf diesen Erfolg hat Baurecht wohl nicht zu hoffen gewagt, als er den Namen Art Déco aussuchte. Damals war er 33 Jahre alt und wagte den Schritt in die Unabhängigkeit. „Ich hatte mir 50 Namen überlegt, setzte mich drei Tage lang aufs Patentamt, wälzte 20 000 Karteikarten, und am Ende blieb dieser als schönster übrig“, erinnert er sich. Das ist nun 23 Jahre her. Claudia Tödtmann (HB)

Claudia Tödtmann (HB)

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