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Wirtschaft: Kostenfaktor kranker Manager

Wie europäische Firmen ihren Beschäftigten helfen, mit dem steigenden Druck fertig zu werden

Kenth Berndtsson war alarmiert. Immer öfter wandten sich Mitarbeiter an ihn: „Kenth, ich halte den Druck nicht mehr aus. Kenth, der Stress macht mich fertig. Kenth, Ich wache nachts auf, ständig habe ich Bauchschmerzen.“ Berndtsson war damals, Ende der 90er Jahre, Chef der Personalabteilung von Volvo Logistik im schwedischen Göteborg. Als er die Klagen seiner Angestellten auf einer Sitzung der Personalchefs des Autokonzerns ansprach, berichteten seine Kollegen von ähnlichen Gesprächen, vor allem mit Büroangestellten und Managern.

Sie beauftragten Berndtsson, ein Anti-Stress-Programm auszuarbeiten. Es begann vor sechs Jahren und ist so erfolgreich, dass Volvo es bis heute betreibt. Alle Volvo-Manager sind verpflichtet, Anti-Burn-out-Seminare zu belegen. Sie lernen, wie man Stresssymptome erkennt und ihnen vorbeugt. „Wir erklären ihnen, dass sie eine Balance zwischen Arbeit, Familie und Zeit für sich selbst finden müssen“, sagt Berndtsson. „Viele Manager glauben, wenn sie viel zu tun haben, sind sie wichtig. Aber nur wer verantwortungsvoll mit sich selbst umgeht, hat auch Führungsqualitäten.“

Bei Volvo Logistik werden die Seminare mittlerweile allen der 1000 Mitarbeitern angeboten. Berndtsson schätzt, dass pro Jahr 50 Fälle von Burn-out bei Volvo verhindert werden. „Wenn man bedenkt, dass ein Manager, der ein halbes Jahr ausfällt, das Unternehmen rund 450 000 Euro kostet, dann spart die Firma viel Geld.“

Volvo ist nur ein Beispiel für das wachsende Bewusstsein in Europa für Stress am Arbeitsplatz. Mehr als jeder vierte der 235 Millionen europäischen Arbeitnehmer klagt über gesundheitliche Probleme wegen psychischer Belastungen. Rund 300 Milliarden Euro kosten sie die europäischen Volkswirtschaften jährlich. 132 Milliarden Euro davon sind indirekte Kosten: Ausfalltage, früherer Eintritt in den Ruhestand, verringerte Arbeitsleistung und früher Tod.

In Österreich hat man schon vor acht Jahren auf diese Entwicklung reagiert. Zwei Millionen Krankheitstage gehen dort auf das Konto psychischer Belastungen. Die Regierung richtete daher den Fonds Gesundes Österreich ein, der mit 7,2 Millionen Euro auch die betriebliche Gesundheitsförderung unterstützt. Unternehmen bewerben sich mit Projekten zur Gesundheitsvorsorge. Der Fonds hilft ihnen dann mit Geld. Derzeit sind es 110 Projekte, sie reichen von der Papierfabrik bis zur Regionalbank. Klaus Ropin, der beim Fonds über die Anträge entscheidet, hat festgestellt, dass die Firmen sensibler geworden sind: „Früher ließ man einmal im Jahr einen Arzt kommen. Heute werden Yogakurse, Seminare undGesprächskreise angeboten.“

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