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Wirtschaft: Krankenversicherung: Gesundheits-Finanzierung in der Kritik

Eine Abschaffung der gesetzlichen Krankenversicherung hat der Berliner Gesundheitsökonom Klaus-Dirk Henke vorgeschlagen. Statt der bisherigen Umlagefinanzierung solle das System auf eine Kapitaldeckung umgestellt werden, wie es sie heute schon in der privaten Krankenversicherung gibt.

Eine Abschaffung der gesetzlichen Krankenversicherung hat der Berliner Gesundheitsökonom Klaus-Dirk Henke vorgeschlagen. Statt der bisherigen Umlagefinanzierung solle das System auf eine Kapitaldeckung umgestellt werden, wie es sie heute schon in der privaten Krankenversicherung gibt. Der Grund: "Die gesetzliche Krankenversicherung kann die doppelte Belastung aus demografischer Entwicklung und medizinischem Fortschritt nicht bewältigen - dies würde bis 2050 zu einer Verdoppelung der Beiträge führen", sagte Henke am Donnerstagabend in Berlin bei der Vorstellung seines Modells, das er im Auftrag der Allianz-Tochtergesellschaft Vereinte Krankenversicherung AG berechnet hat. Allerdings würde die Umstellung für den Staat sehr teuer.

In der gesetzlichen Krankenversicherung sind derzeit neun von zehn Bürgern Mitglied. In der Rentenversicherung hat die Bundesregierung mit der jüngsten Reform bereits die teilweise Umstellung auf ein Kapitaldeckungs-System beschlossen. Das Prinzip: Wer in jungen Jahren Kapital anspart, soll im Alter vom angesparten und verzinsten Geld zehren können. So soll auch die Vereinte-Reform funktionieren. Kern des Henke-Entwurfs ist die Pflichtversicherung aller Bürger über 21 Jahre, also auch von Selbstständigen und Beamten. Kosten: 200 Euro pro Kopf und Monat, unabhängig von Alter und Einkommen. Der Beitrag des Arbeitgebers wird ausbezahlt. Derzeit beträgt der Maximalbeitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung rund 225 Euro. Eine Gesundheitsprüfung vor Versicherungsbeginn - wie heute vor dem Abschluss einer privaten Krankenversicherung - gibt es nicht, jede Assekuranz ist zur Aufnahme verpflichtet. Kinder sind beitragsfrei mitversichert. Geringverdiener, die mehr als 15 Prozent ihres Bruttoeinkommens in die Versicherung einzahlen müssten, würden vom Staat unterstützt. Anders als heute können die Versicherten jederzeit die Versicherungsgesellschaft wechseln.

Teuer würde allerdings die Umstellung von der Umlage- zur Kapitaldeckung. Das Problem: Der Staat müsste die Beiträge älterer Bürger bezuschussen, die über kein angespartes Kapital bei den Versicherungen verfügen. Bei einer Übergangsfrist von acht Jahren würde der Unterstützungsbedarf Henke zufolge von elf Milliarden Euro im ersten auf knapp 70 Miliarden Euro im achten Jahr anwachsen. Anschließend müsse der Staat 25 Milliarden Euro jährlich für Geringverdiener-Zuschüsse aufbringen. Bei einer längeren Übergangsfrist von 16 Jahren läge der Zuschuss im letzten Jahr mit knapp 61 Milliarden Euro etwas niedriger. "Ein Festhalten am alten Modell ist jedoch noch teurer", warnte Henke. 2030 müssten die Beitragszahler 126 Milliarden Euro pro Jahr mehr bezahlen als heute.

Der Vereinte-Vorstandschef Ulrich Rumm forderte die Bundesregierung dazu auf, das Modell baldmöglichst umzusetzen. "Je früher die Umstellung auf die Kapitaldeckung erfolgt, desto günstiger wird es für den Staat", sagte er. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) hat einen solchen Systemwechsel jedoch mehrfach abgelehnt.

brö

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