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Wirtschaft: Kreative Zerstörung im Kapitalismus

Verängstigte Europäer fragten nach der Zahlungsunfähigkeit des Telekomkonzerns Worldcoms, ob sich in der Wall Street eine Krise anbahne, oder ob nicht der Kapitalismus selbst im Innersten verfault sei. Der Worldcom-Bankrott ist, wie in den Medien überdeutlich gemacht wurde, der größte in der US-Geschichte.

Verängstigte Europäer fragten nach der Zahlungsunfähigkeit des Telekomkonzerns Worldcoms, ob sich in der Wall Street eine Krise anbahne, oder ob nicht der Kapitalismus selbst im Innersten verfault sei. Der Worldcom-Bankrott ist, wie in den Medien überdeutlich gemacht wurde, der größte in der US-Geschichte. Und das nach Blutbädern an den Aktienmärkten, von Enron und Arthur Andersen ganz zu schweigen.

Unmut ist da verständlich – und zur Nervenberuhigung empfehlen wir eine Bettlektüre: die Werke des Joseph Schumpeter. Die Schriften des aus Österreich stammenden Wirtschaftswissenschaftlers können einschläfernd sein, aber wir drängen den Leser doch wach zu bleiben, bis von Schumpeters berühmtestem Beitrag zum ökonomischen Lexikon, der „kreativen Zerstörung“, die Rede ist. Genau wie beim menschlichen Gewebe gibt es Teile der Wirtschaft, die zum Wohle des Ganzen entfernt werden müssen. Dieser von Schumpeter beschriebene Vorgang ermöglicht nicht nur das Überleben des Gesamtkörpers, sondern trägt auch das Versprechen in sich, dass das, was nachwächst, der Gesellschaft besser dienen wird.

Das klingt mitleidlos angesichts der tausenden von Worldcom-Anteilseignern, die mit einem Bruchteil ihrer Investitionen dastehen werden, und auch der mindestens 17000 Worldcom-Mitarbeiter, von denen viele entlassen werden – nicht zu vergessen die Gläubiger, Zulieferer und Kunden. Ein größerer Schaden würde ihnen und allen anderen jedoch erwachsen, würde Worldcom gestattet, ohne grundlegende Sanierung weiter zu arbeiten. Ein Beispiel für ein System, in dem kränkelnde Firmen ohne einen zugegeben brutalen chirurgischen Eingriff immer weitermachen dürfen, sind die japanischen Banken. In den vergangenen zwölf Jahren hat es Japan vorgezogen, die massiven Schulden der Banken zu ignorieren. Bruttosozialprodukt-Zuwachs, Schaffung von Arbeitsplätzen und Verbesserung des Lebensstandards sind seitdem gleich null.

Angesichts des politischen Äquivalents zum Kapitalismus, der Demokratie, hat Winston Churchill einmal gewitzelt, dass sie das schlechteste aller Systeme sei – außer aller anderen. Das selbe könnte man vom Kapitalismus behaupten, und der Worldcom-Vorfall bestätigt das nur.

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