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Die Banken erweisen sich in der Krise nicht immer als Helfer.

© dpa

Kredite abgelehnt, überhöhte Zinsen: Banken lassen die kleinen Unternehmer im Stich

Viele Betriebe berichten, ihre Banken hätten ihnen Kredite verweigert oder Wucher-Zinsen verlangt. Die Angst wächst, dass nur große Player die Krise überleben.

Airbus hat sich gerade eine Kreditlinie über 15 Milliarden Euro gesichert, um über die kommenden Monate zu kommen. Vielen der insgesamt 3,5 Millionen, in der großen Mehrheit kleineren deutschen Unternehmen gelingt es indes nicht, in der Coronakrise liquide zu bleiben. Einige versuchen mit alternativen Geschäftsmodellen, Kurzarbeit oder sogar beliehenen Alterssicherungen notdürftig über die Runden zu kommen.

Von Unternehmensberatern, Nagelstudios und Reisebüros über Caterer, Eventunternehmen und Künstler bis zu Gärtnereien, Restaurants, Kinos oder Raumausstattern: Die meisten verzeichnen massive Umsatzeinbrüche oder haben gar keine Einnahmen mehr, müssen aber Angestellte und Mieten zahlen, Hypotheken tilgen, Kredite bedienen, Versicherungen überweisen.

„Die Zeit drängt enorm“, sagt David Reiser (Name geändert), Eventunternehmer aus München mit ursprünglich über 180 Beschäftigten, von denen bis auf drei inzwischen alle in Kurzarbeit Null sind. Ab dieser Woche müssten die Gehälter überwiesen werden. Doch alle Aufträge bis August seien storniert worden, bei Anfragen für spätere Termine im Jahr werde noch abgewinkt, sagt der 29-jährige Unternehmer.

Deutsche Bank und Hypovereinsbank ziehen zurück

Doch am Dienstag kam der nächste Schock für Reiser: Es flatterte ein Schreiben der Deutschen Bank in Haus, mit dem der vor der Krise eingeräumte finanzielle Spielraum gekündigt wurde. Trotz der temporären Notlage will der deutsche Bankenprimus bis Ende April das Geld zurück.

Auch die Hypovereinsbank, eigentliche Hausbank des Unternehmens, hat nun nicht nur einen Überbrückungskredit abgelehnt, der über die neuen Programme der Bundesregierung durch die staatlichen Förderbank KfW abgesichert ist. Sie drohe auch, bestehende Kreditlinien zu kürzen. Reiser: Der Berater sagte uns, da die Umsätze bei null lägen, seien die ursprünglichen Konditionen hinfällig. Im vergangenen Jahr habe er zwischen März und Juni 1,55 Millionen Euro umgesetzt, so Reiser. In vier Jahren habe er ein solides Unternehmen aufgebaut, das nun unverschuldet vor dem Nichts stehe. „Es ist eine extreme psychische Belastung für uns - und die Hilfen kommen einfach nicht.“

Auch andere Unternehmer berichten von sehr strikter Geschäftspolitik der Banken. Nihat Dogan, Unternehmensberater aus Berlin (Name ebenfalls geändert) mit bisher 80 Prozent Umsatzminus, ist Kunde bei der Commerzbank. Kredite wurden ihm mit dem Hinweis verweigert, er sei noch keine drei Jahre Kunde bei der Bank. Er habe keine Ahnung, wie es weitergehen werde, sagt Dogan. 5000 Euro Hilfen würden ihn „erstmal über den April retten“, aber nach seinem Eindruck „haben die Banken gar kein Interesse an kleinen Unternehmen“. Er sei seit 1987 selbständig, doch „so ängstliche Banken wie im Moment“ habe er noch nie erlebt. Dogan: „Banken machen Schönwetterpolitik, in schlechten Zeiten ducken sie sich weg.“

Kredite zu 16 Prozent Zinsen

Andere Unternehmer berichten von Bankberatern, die aus internen Weisungen zitiert hätten, wonach aufgrund der Coronakrise grundsätzlich keine Kredite an Unternehmen auszureichen seien, die von Insolvenz betroffen sein könnten. Sparkassen-Kunden wiederum berichten von Kreditangeboten zu stark erhöhten Zinsen. Andere erhielten von ihrer Hausbank den Hinweis, sich doch an Finanzvermittler zu wenden. Diese hätten dann zwar Geld zur Verfügung stellen wollen, jedoch zu Zinssätzen von 16 Prozent und mehr.

Die Banken weisen die Vorwürfe zurück. Man tue alles, die Liquiditäts- und Kreditversorgung der Firmenkunden zu sichern, sagt eine Commerzbank-Sprecherin. Erste Anträge auf Liquiditätsbereitstellung seien bereits schnell entschieden worden, ebenso Stundungen bei der Kredittilgung. Dass die Kredite der KfW zu 90 Prozent vom Bund abgesichert seien, helfe natürlich bei der Bewilligung von Krediten, ersetze aber nicht die individuelle Risikoprüfung „und die Entscheidung, ob ein Geschäftsmodell nachhaltig tragfähig ist“.

Ähnlich äußert sich auch die Hypovereinsbank: Man stehe den Kunden mit Knowhow zur Seite und biete Unternehmen „maßgeschneiderte Lösungen“ an, sagte ein Sprecher. Zur Frage der Kündigung von Kreditlinien wollte sich die Bank nicht äußern.

Nur der Staat ist noch kreditwürdig

Da gerade bei kleinen Unternehmen die Unsicherheit groß sei und auch ernsthafte Existenzängste bestünden, will die Volksbank Berlin verstärkt versuchen, Firmenkunden zu entlasten, um damit einen Beitrag zur Sicherung von Arbeitsplätzen zu leisten. Die Berliner Sparkasse bietet Firmen, Selbständigen und Freiberuflern bis zu sechs Monaten Aussetzung von Tilgungsverpflichtungen an, um so die vom Bund angebotenen Hilfen zu ergänzen.

Wirtschaftsverbände fordern nun vor allem in einem Punkt Verbesserungen bei den Hilfsprogrammen: Es reiche nicht aus, dass der Bund die Kfw-Kredite mit 90 Prozent absichere, sagt Eric Schweitzer, der Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer.Er müsse die Hilfskredite zu 100 Prozent absichern. Der Staat sei in der Krise weiter kreditwürdig, Unternehmen ohne Umsätze seien dies – derzeit – nicht. Bei den Banken ist zu hören, dass eine Ausweitung der staatlichen Bürgschaften sehr helfen würde, um die Kreditvergabe zu beschleunigen.

In Sachsen erhalten kleine Unternehmen nun Soforthilfe-Darlehen bis zu 50.000, manchmal auch 100.000 Euro, die zehn Jahre laufen. Die ersten drei Jahre sind tilgungsfrei. Entscheidend ist: die Kredite laufen nicht über die Hausbank. In Bayern erhalten Unternehmer sogar bis zu 30.000 Euro als Zuschuss ohne Rückzahlungspflicht. Allerdings: bei David Reiser war die versprochene Soforthilfe aus dem bayerischen Wirtschaftsministerium bis gestern nicht angekommen.

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