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Gestenreich: Italiens Regierungschef Berlusconi im italienischen Parlament.

© Reuters

Update

Kreditwürdigkeit herabgestuft: Berlusconi wirft Ratingagentur Realitätsverlust vor

Die Ratingagentur Standard & Poor's zweifelt daran, dass die italienische Regierung die Schuldenkrise in den Griff bekommt. Das kann Silvio Berlusconi nicht auf sich sitzen lassen.

Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi unterstellt der Ratingagentur Standard & Poor's Realitätsverlust und unterstellte ihr politische Motive. Die Agentur hatte die Bonität des Landes am Montag von „A+“ auf „A“ herabgestuft. Grund seien „die sich abschwächenden Wachstumsaussichten“ und die Einschätzung, dass die derzeitige Koalition unter Ministerpräsident Silvio Berlusconi die Fähigkeit Roms einschränke, entschlossen auf die Schuldenkrise zu reagieren.

Berlusconi reagierte heftig. „Die Einschätzung von Standard & Poor's scheint mehr von Medienberichten als von der Realität diktiert worden zu sein“, sagte er. „Sie scheint auch von politischen Erwägungen negativ beeinflusst.“ Die Regierung habe bereits Maßnahmen zur Haushaltssanierung eingeleitet. Schritte zur Förderung des Wirtschaftswachstums seien in Vorbereitung.

Auch bei der kurzfristigen Kreditwürdigkeit setzte die Agentur das Rating für die drittgrößte Wirtschaft der Euro-Zone um eine Stufe von „A-1+“ auf „A-1“ herab, wie Standard & Poor's weiter mitteilte.

Auch der weitere Ausblick für Italien wird als „negativ“ eingeschätzt, was bedeutet, dass die Agentur weitere Herabstufungen vornehmen könnte. Standard and Poor's ist die erste Ratingagentur, die Italiens Kreditwürdigkeit seit Beginn der Euro-Schuldenkrise herabstuft.

Durch eine Senkung der Bonitätsnote wird es für Länder in der Regel teurer, an den Finanzmärkten Kredite aufzunehmen. Damit könnte sich Italiens Schuldenproblem verschärfen, auch wenn die Einstufung noch weit vom Ramschstatus entfernt ist. Das Land hat mit etwa 120 Prozent des Bruttoinlandsprodukts nach Griechenland den höchsten Schuldenstand in der Eurozone und muss entsprechende Zinszahlungen leisten. Standard & Poor's hatte die Herabstufung bereits im Mai angedroht.

Die Agentur vollzog diese nun, obwohl das italienische Parlament erst vor wenigen Tagen ein weiteres Sparpaket der Regierung von Ministerpräsident Silvio Berlusconi in Höhe von 54,2 Milliarden Euro verabschiedet hatte. Zusammen mit bereits im Juli gebilligten will Rom so über 102 Milliarden Euro einsparen, um bis 2013 wieder einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen.

Die Agentur hat aber Zweifel, ob das Programm wirklich umgesetzt wird. „Wir glauben, dass die bisher reduzierte Geschwindigkeit von Italiens wirtschaftlicher Aktivität es schwer machen wird, die überarbeiteten Haushaltsziele der Regierung zu erreichen“, teilte Standard & Poor's mit. Die Agentur nannte dabei eine niedrige Beschäftigungsquote, einen ineffizienten öffentlicher Sektor und geringe Investitionen aus dem Ausland. „Aus unserer Sicht scheut sich die Regierung davor, diese Fragen anzugehen“, erklärte die Agentur mit Blick auf fehlende Strukturreformen.

Trotz italienischer Sparbemühungen sieht die US-Ratingagentur Standard & Poor's das Land nicht aus dem wirtschaftlichen Tief kommen.
Trotz italienischer Sparbemühungen sieht die US-Ratingagentur Standard & Poor's das Land nicht aus dem wirtschaftlichen Tief kommen.

© dpa

Im schlimmsten Szenario geht Standard & Poor's davon aus aus, dass Italien 2012 in eine Rezession gerät. Die Wirtschaftsleistung würde dabei um 0,6 Prozent sinken, gefolgt von einer „bescheidenen Erholung“ in den Jahren 2013 und 2014.

S&P steht mit ihrer Einschätzung nicht alleine da: EU-Kommissar Günter Oettinger macht Berlusconi mitverantwortlich für die Schwierigkeiten. „Italien wird miserabel regiert“, sagte er kürzlich in Berlin.

Auch die Ratingagentur Moodys's hat Italien bereits eine Herabstufung angedroht. Derzeit hat Italien dort für langfristige Darlehen noch ein „Aa2"-Rating - es liegt damit zwei Stufen unter der Bestnote „Aaa“. Am Freitag hatte Moody's mitgeteilt, die Prüfung der Lage in Italien zu verlängern. Eine Entscheidung sei „im kommenden Monat“ zu erwarten. (rtr/AFP)

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