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Wirtschaft: Kripo sieht Berlin schon als Hehler-Paradies

Es ist immer wieder ernüchternd anzusehen, wie die deutsche Öffentlichkeit auf die Schaukämpfe und Rituale der Tarifverhandlungen hereinfällt.Immer wieder das gleiche Zeremoniell: Beide Seiten verkünden ihre Maximalforderungen, man trifft sich im Blitzlichtgewitter der Fotografen und im Scheinwerferlicht der Fernsehkameras.

Es ist immer wieder ernüchternd anzusehen, wie die deutsche Öffentlichkeit auf die Schaukämpfe und Rituale der Tarifverhandlungen hereinfällt.Immer wieder das gleiche Zeremoniell: Beide Seiten verkünden ihre Maximalforderungen, man trifft sich im Blitzlichtgewitter der Fotografen und im Scheinwerferlicht der Fernsehkameras.Wenn man wirklich auf schnelle Verhandlungsergebnisse aus wäre, müßte man dann nicht eher ohne diesen Medienauftrieb miteinander reden? (...) Wenn sich dann in paar Dutzend Metaller an in Stahltonnen entzündeten Feuern die Hände wärmen, vermitteln die Fernsehanstalten den Eindruck, es handele sich um Großkundgebungen, die die Republik erzittern lassen - Weimar wird beschworen.(...)

So ging das Jahr für Jahr.Die Einstiegslöhne wurden Drehung um Drehung auf ein Niveau hochgeschraubt, das es vielen Mittelständlern nicht mehr erlaubte, sogenannte Niedriglohn-Arbeitsplätze zu halten.Diese wurden dann ins Ausland verlagert, wegrationalisiert, die Menschen zum Arbeitsamt geschickt.Die Allgemeinheit muß bis heute dafür zahlen.Die Lehrlingsvergütung wurde jedesmal besonders stark angehoben.In der absoluten Summe fiel das zwar nicht besonders auf, machte aber das Schaffen von Ausbildungsplätzen für viele Betriebe immer weniger attraktiv.Die Korrektur solcher Fehlsteuerung wurde dann durch ritualisierte Appelle beider Tarifpartner für die Schaffung zusätzlicher Lehrstellen ersetzt.Was einstmals Mindestbedingungen durch Tarifvereinbarungen gewesen waren, wurden nun Höchstbedingungen.Viele Betriebe aber konnten sich diese kaum leisten, immer öfter gingen Unternehmen an ihnen zugrunde.Die Zeiten, da man freiwillig "über Tarif" zahlte, waren für die meisten der im internationalen Wettbewerb stehenden Unternehmen vorbei.

Das brachte eine neue Entwicklung in die deutsche Industrie, die mir zunehmend Sorge bereitet.Konnte man früher "über Tarif" für die Leistungsträger im Unternehmen besonders viel tun, so ist im Lauf der Jahre vielen Unternehmen die leistungsabhängige Bezahlung immer schwerer gefallen.Tarifabschlüsse, die praktisch die gesamte noch verfügbare finanzielle Flexibilität mit der Gießkanne falscher Gerechtigkeit über alle Arbeitnehmer gleichmäßig verteilen, untergraben langfristig auch Leistungsbereitschaft und damit Wettbewerbsfähigkeit nicht nur einzelner Betriebe, sondern der gesamten arbeitenden Gesellschaft.Während fast überall in der Welt Lohnerhöhungen von der Entwicklung des individuellen Unternehmens und der Leistungsbereitschaft des einzelnen Mitarbeiters abhängen, sind es bei uns insbesondere die Tarifabschlüsse im Metall- und Elektrobereich, die schleichend die Leistungsbereitschaft zu zerstören drohen.

Daß sich Leistung lohnen muß, akzeptieren wir im Sport und in der Kultur, längst nicht mehr in der Wirtschaft.Dabei sind die negativen Auswirkungen konfiskatorischer Steuersätze für Großverdiener vergleichsweise harmlos im Vergleich zu den langfristigen Konsequenzen, wenn Leistung und Bezahlung in großen Teilen der deutschen Industrie entkoppelt werden.Wenn dann noch die Grenzsteuerbelastung und die mit jeder Gehaltserhöhung verbundene Erhöhung der Sozialversicherungsbeiträge hinzunimmt, muß man erkennen, daß in kaum einem anderen Land, einschließlich der meisten des ehemaligen Ostblocks, die Trennung zwischen Leistung und Bezahlung so weit gediehen ist wie bei uns.

Der Beitrag ist ein Auszug aus dem neuen Buch von Hans-Olaf Henkel "Für eine wettbewerbsfähige und solidarische Gesellschaft", das im Siedler Verlag erscheint.

HANS-OLAF HENKEL

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