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Wirtschaft: Krise der Telekom-Branche kostet 12 000 Jobs Brüssel will strengere Kontrolle der Handy-Märkte

Regulierungsbehörde: Wettbewerb wird intensiver / Inzwischen besitzen 70 Prozent der Bundesbürger ein Handy

Berlin (vis). Der deutsche Telekommunikationsmarkt wächst trotz der allgemeinen Konjunkturschwäche weiter. Auch wenn die Branche sich ebenfalls in einer Konsolidierungsphase befindet, konnten die Unternehmen ihren Umsatz im vergangenen Jahr um drei Prozent auf 61 Milliarden Euro steigern. Das geht aus dem Jahresbericht 2002 hervor, den die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post am Mittwoch in Bonn vorlegte. Die Zahl der Arbeitsplätze in der Branche ist jedoch im Jahr 2002 auf 230100 gesunken – ein Minus von fünf Prozent gegenüber dem Vorjahr. Das ist der erste Beschäftigungsrückgang in der Branche seit der Liberalisierung des Marktes im Jahr 1998.

Den Abbau von knapp 12000 Arbeitsplätzen führte der Präsident der Behörde, Matthias Kurth, vor allem auf das Ausscheiden von Unternehmen zurück. So hatte etwa der Mobilfunkanbieter Quam 2002 seine Aktivitäten in Deutschland eingestellt, andere haben Jobs gestrichen. Die Zahlen seien angesichts der wirtschaftlichen Lage in anderen Branchen keineswegs dramatisch. „Dass es eine Marktbereinigung geben würde, war allen klar“, sagte Kurth. Insgesamt beschäftigten die Wettbewerber der Deutschen Telekom 2002 noch 51500 Mitarbeiter. Der von der Telekom bereits angekündigte Abbau von 42500 Stellen bis Ende 2005 werde sich erst 2003 auswirken, sagte Kurth.

Die Mobilfunkbranche ist im vergangenen Jahr etwas weniger stark gewachsen als der gesamte Telekommunikationsmarkt. Die Unternehmen konnten ihre Erlöse aber im Vergleich zu 2001 noch um 2,8 Prozent auf 23,7 Milliarden Euro steigern. Die Zahl der Kunden wuchs um knapp drei Millionen auf 59,2 Millionen. Damit besaßen knapp 72 Prozent der Bundesbürger ein Handy.

Obwohl die Telekom im Ortsnetz immer noch einen Marktanteil von 95,6 Prozent hält, sprach Kurth von „regionalen Erfolgen im Wettbewerb“. In Oldenburg etwa hätten Wettbewerber bereits einen Marktanteil von 23 Prozent. Dies beweise, „dass nennenswerte Marktanteile erobert werden könnten, wenn aktive Unternehmen eine Alternative bereitstellen würden“, sagte Kurth. Neue Impulse erhofft sich die Behörde durch die Einführung von Callby-Call im Ortsnetz, das im April oder im Mai möglich werden soll.

Nur wenig Konkurrenz für die Post

Nur wenig Wettbewerb gibt es weiterhin im Briefsektor. Wegen der Exklusivlizenz der Deutschen Post AG seien nur 20 Prozent der Gesamtmenge von geschätzten 17,4 Milliarden Briefen im vergangenen Jahr überhaupt für Konkurrenten zugänglich gewesen, sagte der Vizepräsident der Behörde, Gerhard Harms. Die Wettbewerber kamen im Briefsektor auf einen Marktanteil von nur 3,2 Prozent, 0,8 Prozentpunkte mehr als 2001.

Harms warnte die Post AG davor, die Zahl der gesetzlich vorgeschriebenen rund 12000 Annahmestellen zu unterschreiten. Sollte der gegenwärtige Streit der Post mit ihren Agenturnehmern um neue Verträge dazu führen, dass die Zahl der Agenturen auf unter 7000 sinke, werde die Behörde die Post dazu anhalten müssen, die Zahl der eigenen Filialen auf mehr als 5000 zu steigern, um die Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen.

Die Europäische Kommission hat die nationalen Telekom-Aufseher dazu aufgerufen, die Preise auf den Mobilfunkmärkten strenger zu kontrollieren. Auch sei ein Eingreifen der Regulierungsbehörden bei Breitbandzugängen für den schnellen Datenverkehr möglich, sagten die EU-Kommissare Mario Monti und Erkki Liikanen am Mittwoch in Brüssel. Mit ihren Regulierungsvorschlägen für die Telekombranche in den EU-Staaten verstärkt die Kommission den Druck auf die nationalen Aufsichtsbehörden, in Sparten mit mangelnder Konkurrenz auf Preise und Wettbewerbsbedingungen zu achten. Die Kommissare legten 18 Bereiche fest, in denen die Behörden tätig werden können – aber nicht müssen.

Monti wies auch auf laufende Brüsseler Wettbewerbsfälle in der Telekombranche hin, unter anderem auf das Kartellverfahren gegen die Deutsche Telekom. „Ich habe meine Dienststellen angewiesen, mit höchster Priorität vorzugehen.“ Wann das Verfahren gegen den Konzern abgeschlossen wird, blieb offen. Die Telekom soll Konkurrenten mit überhöhten Preisen den Zugang zum Telefonortsnetz verbaut haben. Die Kommission kritisiert schon seit langem einen mangelnden Wettbewerb bei den Ortsanschlüssen. Ein weiteres Verfahren gegen die Telekom und andere Konzerne aus Deutschland und Großbritannien wegen der Gebührenpolitik bei Handy-Auslandsgesprächen steht bevor, ist aber noch nicht eingeleitet. dpa

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