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Wirtschaft: KRISE IN ASIEN

Als Regierungen, Banken und Internationale Finanzorganisationen am Wochenende darum rangen, das indonesische Finanzdebakel zu ordnen, plagten vor allem zwei beunruhigende Fragen die Investoren: Wie schlimm ist die Schuldenmisere des Landes wirklich und welche Länder könnten als nächstes betroffen sein ? Indonesiens stündlich steigenden Finanzprobleme schwappten am Freitag wie eine schwarze Welle über den gesamten Globus, drückte fast alle asiatischen Währungen und Börsen nach unten, rüttelten an den europäischen Aktien und brachten die Wall Street ins Trudeln.

Als Regierungen, Banken und Internationale Finanzorganisationen am Wochenende darum rangen, das indonesische Finanzdebakel zu ordnen, plagten vor allem zwei beunruhigende Fragen die Investoren: Wie schlimm ist die Schuldenmisere des Landes wirklich und welche Länder könnten als nächstes betroffen sein ? Indonesiens stündlich steigenden Finanzprobleme schwappten am Freitag wie eine schwarze Welle über den gesamten Globus, drückte fast alle asiatischen Währungen und Börsen nach unten, rüttelten an den europäischen Aktien und brachten die Wall Street ins Trudeln.Alarmiert durch die indonesischen Schreckensnachrichten, zitterten die Banker, daß der Niedergang Indonesiens den asiatischen Schuldenstrudel beschleunigen könnte und stellten sich bereits auf bedeutende Verluste bei Krediten ein, die sie an indonesische Unternehmen vergeben hatten.Auch Präsident Clinton zeigte sich betroffen und schickte den stellvertretenden Finanzsekretär Lawrence Summer am Wochenende in die Region, während der stellvertretende IWF-Direktor Stanley Fischer in Jakarta mit der indonesischen Regierung verhandelte.William Cohen vom US-Verteidigungsministerium wird für Dienstag in der Hauptstadt erwartet.Das Zusammentreffen so vieler US-Offizieller und der Weltfinanz in Jakarta zeigt die plötzliche Besorgnis über die Situation Indonesiens, seit Präsident Suharto vergangenen Mittwoch seinen Haushaltsentwurf präsentierte, der die Angst vor einer Zahlungsunfähigkeit Indonesiens aufkommen ließ und die Rupie auf eine historische Talfahrt schickte.Ende letzter Woche sagte ein IWF-Vertreter, in Indonesien sehe es noch bitterer aus als in Südkorea.Obwohl ein Regierungssprecher am Wochenende erklärte, Indonesien werde nicht seine Zahlungsunfähigkeit erklären, sagten Analysten, es sei immer schwieriger, die Finanzkrise einzudämmen."Die asiatische Krise ist weiter nicht gelöst und die Frage ist, wen sie als nächstes anfällt", sorgt sich Michael Howell von Crossborder Capital, einem Londoner Finanzberatungsunternehmen.Ganz oben auf der Liste der gefährdeten Länder stehen bei den Analysten China und Hongkong, Rußland und Brasilien.Auch die finanzielle Situation von Polen, Indien, Pakistan, Peru, Südafrika, Venezuela und Griechenland bereitet den Analysten Sorgen.Die Währungen und Finanzmärkte all dieser Länder sind stark gefährdet, denn sie teilen alle Asiens starke Abhängigkeit von ausländischem Kapital - sei es um große Währungsdefizite zu finanzieren oder die Exportbilanzen auszugleichen.Viele der Währungen sind auch an den Dollar gekoppelt, was nicht nur die Flexibilität der politischen Entscheidungsträger einschränkt sondern auch die Spekulanten anzieht, so die Analysten. Bisher wurden die Investoren am meisten geschüttelt von dem Sturz in Hongkong am 1.Juli, dem Tag bevor Thailand den Baht abwertete.Aber der eigentliche Druck auf die Märkte kommt von den 41 bis 73prozentigen Kursrutschen in Indonesien, auf den Philippinen, Korea, Malaysia und Thailand.Seit Juli letzten Jahres fielen dort die Aktienmärkte um 64 bis 84 Prozent.Viele Analysten machen sich auch Sorgen darüber, daß die Entwicklungsländer selbst versucht oder gezwungen sein könnten, ihre Währungen aus Gründen des Wettbewerbs abzuwerten - allein um ihre Güter auf dem Weltmarkt preislich attraktiv zu halten.Das Problem ist, daß solche Abwertungen meist der Beginn eines Teufelskreises sind, in dem die Länder danach streben, immer mehr Güter zu exportieren, die der Weltmarkt zu den aktuell gültigen Preisen aber nicht abnehmen kann.Das Problem überhöhter Exportkapazitäten wird von einem Land zum anderen "wie eine heiße Kartoffel" weitergereicht, erklärt Stephen Poloz von der Bank Credit Analyst Group."Und jede Weitergabe führt zu einer Währungskrise, höheren Zinsen, Senkungen bei den Konsumausgaben und Investitionen - und bringt die Schwächen der Banken an den Tag." Solche Schwächen sind in diesen Tagen leicht auszumachen.Brasilien, Polen und Griechenland haben ungewöhnlich hohe Währungsdefizite, etwa 4,5 bis 6 Prozent ihrer wirtschaftlichen Produktion.In Südkorea sind es 2,5 Prozent.Griechenland griff erst vor kurzem hart ein, um die Drachme zu stützen.Hongkong, China und Brasilien sind derzeit die größten Sorgenkinder der Analysten.Die Angst vor einer Ansteckung ist groß.So könnte eine Abwertung des Hongkong-Dollars oder der chinesischen Währung eine neue Abwertungsrunde in Asien und anderswo einläuten.Und ein Kollaps der brasilianischen Währung würde die Finanzmärkte Lateinamerikas erzittern lassen und sich möglicherweise in die USA ausdehnen. Unruhige Investoren helfen bei der asiatischen Finanzmisere nicht."Wenn die internationale Finanzgemeinde - also die Banken und Investoren - noch nervöser werden, was die Kreditrisiken betrifft, könnten solche Dinge sich selbst bewahrheiten", so George Magnus , Chefökonom bei UBS Ltd.in London.Genau diese Nervosität war verstärkt am Wochenende am Werk, inmitten der weitverbreiteten Ängste, Indonesien könnte die Zahlungsunfähigkeit seiner Auslandsschuld erklären.Diese wird von der Regierung auf 133 Mrd.US-Dollar geschätzt.Indonesien erklärte jedoch am Wochenende, "ein solches Vorgehen werde nicht angestrebt, es habe schlechte Erfahrungen in vielen Ländern gebracht." Das Budget aber, das Präsident Suharto am Mittwoch präsentierte, war "ein Schlag ins Gesicht", so der Südostasienchef einer US-Bank.Indonesien wird wohl außerstande sein, den Berg an Auslandsschulden in den kommenden Monaten abzubauen.Genau das sagten Sprecher Präsident Suhartos den internationalen Kreditgebern bei einem Treffen der Union Bank of Switzerland am Donnerstag in Singapur. Betrachtet man Indonesiens Auslandschulden näher, so zeigt sich, daß viel mehr auf die Regierung oder auf staatliche Unternehmen entfällt, als man bisher glaubte.Ende 1996 entfielen um die 68 Mrd.Dollar oder 56 Prozent der gesamten Auslandsschuld Indonesiens auf staatseigene Betriebe, laut Institute of International Finance in Washington.Den größten Teil der Kredite stellten japanische Banken, die sich engagierten, als japanische Unternehmen in Indonesien billige Fabriken aus dem Boden stampften.Nach der Bank for International Settlements betragen diese Kredite 23,1 Mrd.Dollar (im Vergleich dazu bekam Südkorea 24 Mrd.Dollar japanische Kredite). Während US-amerikanische Banken zuversichtlich sind, daß ihr Engagement in Indonesien nicht hoch genug ist, "um sich Sorgen zu machen", sind europäische Banken im Gegensatz zu ihren amerikanischen Konkurrenten weit tiefer ins asiatische Kreditgeschäft eingestiegen.Deutsche, französische und englische Banken tragen in Europa den größten Teil der Indonesien-Kredite.Am Freitag sagte Martin Kohlhausen von der Commerzbank AG, ein gemeinsamer Versuch der internationalen Bankengemeinde biete die besten Erfolgsaussichten und daß es "falsch sei, in eine allgemeine Panik zu verfallen." Aber für solche Warnungen könnte es jetzt zu spät sein.Die Commerzbank vergab von allen europäischen Banken die höchsten Kredite an Indonesien, nach Schätzungen insgesamt etwa 1,35 Mrd Dollar.Am meisten hängen deutsche Banken mit ihren Krediten von Indonesien und Südkorea ab, nach Schätzungen der Bank for International Settlements mit etwa 16 Mrd Dollar ausstehenden Zahlungen.

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