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Wirtschaft: Krisen bremsen die Erholung der Weltwirtschaft

Zwei Drittel der Weltwirtschaft wachsen - und teilweise ziemlich kräftig.China wächst um 6,6, Irland um 6,8, die Dominikanische Republik um 7,3 Prozent.

Zwei Drittel der Weltwirtschaft wachsen - und teilweise ziemlich kräftig.China wächst um 6,6, Irland um 6,8, die Dominikanische Republik um 7,3 Prozent.In den Entwicklungsländern auf allen Kontinenten steigt die Wirtschaftskraft in diesem Jahr um durchschnittlich 3,5 Prozent, in Asien sind es sogar 4,3 Prozent.

Aber trotz der optimistischen Schätzung des Internationalen Währungsfonds (IWF) spricht niemand über das Welt-Wirtschaftswunder 1999.Vielmehr läßt das Drittel der Erde, in dem Rezession herrscht, bei Menschen rund um den Globus Sorgenfalten auf die Stirn treten.Deswegen tendierte die Stimmung in den vergangenen zwölf Monaten in Richtung Weltuntergang: Gerade erst droht Brasilien der Absturz, halten Not und Elend in Südostasien an, landet Rußland im Chaos, fliehen Investoren aus den vormals besonders attraktiven Hochzinsländern, geht der milliardenschwere Hedge-Fonds Long-Term Capital Management fast pleite.

Ist die Krise bald vorbei? "Mitnichten", konstatiert Lutz Hoffmann, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung in Berlin."Die Ursachen der Asienkrise sind erst zum allerkleinsten Teil behoben", warnt der Ökonom.

Daß sich das Szenario wiederholt, ist nicht ausgeschlossen.Bei nationalen Währungs- und Finanzkrisen droht die "Ansteckung" anderer Länder, sagt Bundesbank-Präsident Hans Tietmeyer.Die Globalisierung der Märkte mache es möglich, daß ein Virus "mitten ins Herz" der USA oder Eurolands injiziert werde, konzidiert Charles H.Dallara, Direktor des Institute of Internationale Finance in Washington.

Der geschäftsführende Direktor des Internationalen Währungsfonds, Michel Camdessus, sagt, es gehe jetzt nicht mehr nur um Krisen in einzelnen Ländern, sondern um eine Systemkrise.Noch sei das internationale Finanzsystem nicht ausreichend gerüstet für die Chancen und Risiken einer globalen Wirtschaft.Ein schwacher Trost: Die Lage ist nicht so schrecklich wie am Vorabend der großen Depression Ende der 20er Jahre.

Danach indes hatte es zunächst ausgesehen am 2.Juli 1997, als die Misere ausbrach.Der 1.Juli 1997 war der letzte Tag des asiatischen Wirtschaftswunders: Am nächsten Tag hatte es ein abruptes Ende.Thailand gab den Wechselkurs seiner Währung, des Baht, frei.Sein Preis raste talwärts, und Investoren verkauften, um zu retten, was sich retten ließ.

Wie die Dominosteine kippten anschließend die Märkte auf den Philippinen, in Malaysia, Indonesien, Hongkong und Südkorea.Ein Indiz dafür, wie heftig der Niedergang war, bietet eine Zahl des Instituts für internationale Finanzen in Washington: Vor zwei Jahren pumpten private Banken noch mehr als 120 Mrd.Dollar in aufstrebende Volkswirtschaften, im vorigen Jahr waren es nur noch rund zehn Mrd.Dollar.So dramatisch wirkt sich der Herdentrieb aus, den Psychologen an den Börsen feststellen.Investoren und Banken verloren in den aufstrebenden Volkswirtschaften rund 350 Mrd.Dollar.Ganz abgesehen von der sozialen Not als Resultat der Turbulenzen: In Indonesien beispielsweise leben zwei von fünf Menschen jetzt mit einem Schlag wieder unter der Armutsgrenze.

"In Asien haben wir das Schlimmste hinter uns", sagt Joachim Scheide vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel.Auch ohne den bisher ausgebliebenen großen Wurf der Staatengemeinschaft sei eine Menge passiert, weil die Zentralbanken richtig reagiert hätten.Inzwischen wachse die Produktion in den meisten Volkswirtschaften in Fernost wieder.Scheide: "Der Schmerz läßt nach." Auch das jüngste Durcheinander in Brasilien ist offenbar schon wieder überstanden.

Dagegen droht das größte Ungemach in Rußland.Die Situation sei verfahren, und so werde es auch bleiben, schätzt der Kieler Ökonom.Paul Welfens, Professor für Europäische Wirtschaftsintegration an der Universität Potsdam, sieht kein Ende des russischen Chaos."Jedes Zuwarten erhöht die Kosten der Sanierung", warnt Welfens.Deutschland stehe in der Verantwortung und sei als Großgläubiger und wichtigster Handelspartner von einer Krise am schwersten betroffen."Es ist ein Märchen, zu meinen, Rußland komme von selbst wieder in Ordnung."

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