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Krisengipfel: Fiat sagt Opel-Spitzentreffen ab

Fiat wird nicht an dem von der Bundesregierung für Freitag anberaumten Treffen zur Rettung von Opel teilnehmen. Damit ist wohl nur noch ein Investor im Rennen.

Fiat zieht sich aus den Verhandlungen um Opel zurück. Der Vorstandsvorsitzende von Fiat, Sergio Marchionne, sagte, er sei nicht in der Lage, für Fiat und die Opel-Mutter General Motors (GM) einen fairen Übernahmevorschlag vorzulegen. Es sei ihm nicht gelungen, vollen Einblick in die Bücher von Opel zu bekommen.

Zudem würden die neuen Geldforderungen von GM "Fiat dazu zwingen, Opel finanziell zu unterstützen und sich damit unnötigen und irrationalen Risiken auszusetzen". Sein Konzern könne nicht wegen einer Notlage solch außerordentliche Risiken eingehen. Man sei aber weiterhin für ein Übereinkommen mit GM und der Bundesregierung offen.

Marchionne reagiert damit offenbar auf den Verlauf des Spitzentreffens im Kanzleramt am vergangenen Donnerstag. Dort, so heißt es in Verhandlungskreisen, habe die Mehrzahl der beteiligten Politiker das Konsortium um den österreichisch-kanadischen Autozulieferer Magna als neuen Investor für Opel favorisiert, nicht Fiat. Aus Regierungskreisen verlautete, man erwarte nicht, dass Fiat weiter große Anstrengungen unternehme.

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung zitiert einen Gesprächsverlauf aus der "politischen Runde" im Kanzleramt in der Nacht zum Donnerstag. An der Sitzung nahmen nur die Mitglieder der Bundes- und Landesregierung teil. Diese vereinbarten, Magna soll bis heute 14 Uhr einen "Letter of intent" ausarbeiten. Als Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) daraufhin ausführte, Fiat soll das auch tun, soll Kanzlerin Angela Merkel (CDU) geantwortet haben: "Wieso das, Fiat hat doch eh keine Chance". Allerdings habe sie auch darauf hingewiesen, dass mehrere Investoren besser wären als nur einer.

Offiziell bleibt Fiat aber im Rennen, neben dem Konsortium um Magna. Der Autozulieferer, der sich mit dem russischen Autokonzern Gaz und der russischen Sberbank verbündet hat, verhandelt derzeit mit Unterhändlern von GM in Berlin. Derzeit stockten die Verhandlungen, heißt es aus Verhandlungskreisen. Die Amerikaner hätten nach jedem Zugeständnis des kanadisch-österreichischen Zulieferers neue Forderungen erhoben.

Am Mittwochabend war ein erstes Spitzentreffen im Kanzleramt gescheitert. GM hatte überraschend mitgeteilt, weitere 300 Millionen Euro zu benötigen – und zwar früher als angekündigt. Zudem habe die amerikanische Seite grundlegende Vereinbarungen in Frage gestellt.

Von Seiten der deutschen Gewerkschaften gab es erneut Zustimmung für Magna. Das Aufsichtsratsmitglied der IG Metall, Armin Schild, sagte am Morgen im Bayrischen Rundfunk, Magna sei Favorit im Bieterrennen. Das Konzept sei am tragfähigsten, sagte er. Weil die Insolvenz von GM "unmittelbar bevorsteht", plädiere er dafür, "jetzt die Brückenfinanzierung rechtzeitig vor der Insolvenz auf die Beine zu stellen, sich aber noch nicht endgültig festzulegen auf einen der beiden Investoren".

An den erneuten Verhandlungen im Kanzleramt wollten am Nachmittag unter anderem Kanzlerin Merkel, die zuständigen Bundesminister sowie Vertreter von GM und des US-Finanzministeriums teilnehmen. Guttenberg hatte in den letzten Tagen wiederholt auch eine Insolvenz von Opel ins Spiel gebracht. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel schloss im Gespräch mit dem Spiegel eine Insolvenz nicht aus.

Die Rechtsanwaltskanzlei Clifford Chance arbeitet angeblich bereits an einem Plan für eine geordnete Insolvenz. Ein Team von Restrukturierungsexperten sei in Berlin mit den potenziellen Opel-Käufern zusammengetroffen, um ein Konzept auszuarbeiten, meldete die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf eine informierte Person. Von wem die Wirtschaftskanzlei beauftragt wurde, ist nicht bekannt. Ein Sprecher von Clifford Chance sagte, die Kanzlei habe jedoch keinen Auftrag des Wirtschaftsministeriums. Scheitern die Verhandlungen erneut, müsste Opel voraussichtlich ebenso wie GM in wenigen Tagen Insolvenz anmelden. Nach Informationen der Frankfurter Allgemeinen Zeitung wird dies als Option vorbereitet. Wie aus Unternehmenskreisen zu vernehmen ist, lässt sich der Opel-Vorstand vom renommierten Insolvenzverwalter Jobst Wellensiek beraten.

Der Chef der Wirtschaftsweisen, Wolfgang Franz, bezeichnete eine Insolvenz als beste Lösung für Opel. "Der Konzern müsste nur noch einen Teil seiner Schulden zurückzahlen", sagte er der Bild-Zeitung. Wenn Opel ein gut aufgestelltes Unternehmen sei, werde ein Insolvenzverwalter einen Investor finden. Eine Insolvenz bedeute nicht, dass die Beschäftigten am nächsten Tag auf der Straße ständen, unterstrich er. "Letztlich entscheiden immer die Käufer über die Zukunft eines Autoherstellers".

Auch der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Klaus Zimmermann, kritisierte in einem Gespräch mit der Neuen Osnabrücker Zeitung, die Politik lasse sich aus wahlkampftaktischen Gründen "Schritt für Schritt in unverantwortliche Abenteuer hineinziehen, die mit diesem Rettungsversuch nicht enden werden".

ZEIT ONLINE

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