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Visionär präsentiert sich der französische Autobauer Renault auf der Messe IAA. Dabei geht es für ihn ums nackte Überleben.

© REUTERS

Krisenhersteller auf der IAA: Die letzte Chance

2014 dürfte für einige Autofirmen zum Schicksalsjahr werden. Fiat, Renault, Peugeot und Citroën wollen auf der IAA die Kurve kriegen.

Wenn in dieser Woche die Internationale Automobilausstellung (IAA) in Frankfurt am Main ihre Pforten öffnet, gibt die Branche ein ausgesprochen heterogenes Bild ab. Die andauernde Schuldenkrise im Euro-Raum hat Spuren hinterlassen. Auch wenn sich der europäische Automarkt allmählich erholt, es könnte die von Experten schon länger erwartete Neuordnung anstehen. Dabei zeichnen sich heute schon Verlierer und Gewinner ab. Betroffen sind vor allem Fiat und die beiden französischen Hersteller Renault und PSA mit den Marken Peugeot und Citroën. Zu den Gewinnern zählen die deutschen Autobauer VW, BMW und Daimler sowie General Motors, Ford und Weltmarktführer Toyota.

Während General Motors wiederholt bekräftigte, dass man sich über die bestehende Sieben-Prozent-Beteiligung nicht bei PSA engagieren werde, kamen Gerüchte auf, wonach die Familie Peugeot, die 38 Prozent an dem Unternehmen hält, die Führung an die Amerikaner abzugeben bereit ist. Noch vor drei Jahren ein undenkbarer Schritt. 2010 hatte Peugeot auf Drängen der Eigentümer-Familie die mäßig erfolgreiche Kooperation mit Mitsubishi abgewürgt. Aber damals stand mit 1,1 Milliarden Euro am Ende des Jahres noch ein Gewinn in den Büchern. 2012 wurden fünf Milliarden Euro Verlust ausgeschrieben. Ein Übernahmekandidat ist Peugeot schon länger. Nur möchte sich kein Konkurrent hier die Finger verbrennen.

Nissan hilft Renault

Nicht ganz so dramatisch sieht die Lage beim anderen Franzosen, Renault, aus. Im vergangenen Jahr schrieb der Konzern immerhin einen Gewinn von 1,74 Milliarden Euro nach Steuern. Das operative Ergebnis von 122 Millionen Euro spricht allerdings eine andere Sprache und das Unternehmen drückt ein Schuldenberg von mehr als 50 Milliarden Euro.

Zum Vergleich: Die Umsatzerlöse liegen bei 41,3 Milliarden Euro. Renault hilft die 1999 geschmiedete Überkreuzbeteiligung mit Nissan, die jedes Jahr eine hübsche Dividende beschert. Im Gegensatz zu dem Bündnis zwischen PSA und GM trägt die Allianz aber technische Früchte, zum Beispiel im Bereich der Elektromobilität oder bei den Dieselantrieben. Und sie hat Renault die Tür zu den Zukunftsmärkten in Asien geöffnet. Mehr als 1,2 Millionen Autos verkaufte die Renault-Gruppe 2012 außerhalb Europas.

Alle drei Krisenkandidaten haben eines gemeinsam...

Auch Fiat, dem dritten europäischen Autokonzern in der Krise, bringt ein Bündnis derzeit Linderung. Nach überstandener Insolvenz hat der markante Fiat-Boss Sergio Marchionne bei Chrysler kühl zugeschlagen und sich zunächst mit 58,5 Prozent beteiligt. Bis 2015 soll daraus ein integrierter Konzern werden. Doch dem Ziel steht zum Beispiel der chronische Geldmangel in Italien im Weg. Gesamtverbindlichkeiten von 68 Milliarden Euro stehen in der Fiat-Bilanz. Dagegen nehmen sich die 1,4 Milliarden, die 2012 mithilfe der glänzenden Absätze von Chrysler verdient wurden, eher bescheiden aus.

Marktführerschaft bei den Kleinwagen verloren

Viel zu spät haben sie sich neue Märkte erschlossen – und sie haben Fehler in der Produktstrategie gemacht. Den Wachstumsmarkt China beispielsweise haben Franzosen wie Italiener zu lange links liegen lassen. Vor allem aber wurde der Trend zu kompakten SUVs in Europa verpasst. Schon jetzt liegt der Anteil in Deutschland bei 15 Prozent. Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer vom CAR-Institut der Universität Duisburg-Essen rechnet damit, dass sich dieser Anteil bis 2020 verdoppelt. Im Kleinwagensegment waren Fiat, Renault, Peugeot und Citroën einst dominant. Doch Japaner und Koreaner haben ihnen entscheidende Marktanteile abgenommen.

Was die drei Krisenkandidaten auf der IAA zu zeigen haben, gibt wenig Hoffnung auf rasche Genesung. Bei Peugeot steht vor allem das Kompaktmodell 308 im Rampenlicht. Der Konkurrent des VW Golf könnte über das Schicksal des Konzerns entscheiden. Wenn in der umsatzstarken Kompaktklasse noch mehr Boden verloren wird, dürfte es ernst werden für Peugeot. Citroën zeigt mit dem Cactus zwar einen vielversprechenden Ansatz im SUV-Segment und gleichzeitig eine neue Designlinie. Aber das Modell ist erst mal eine Studie. Fiat präsentiert ein Sondermodell des Fiat Panda und ein Top-Modell für den Freemont. Außerdem wird das Motorenangebot für den Fiat 500 erweitert.

Renault elektrisiert

Ein Befreiungsschlag sieht anders aus. Den plant Renault mit dem Megane, der als seriennahes Konzept auf der Messe zu sehen sein wird und im Frühjahr 2014 auf den Markt kommen soll. Außerdem zeigt der Autobauer mit dem Frendzy eine weitere Elektroautostudie. Der kleine Transporter stärkt die führende Rolle des Konzerns in Sachen Elektroauto, wo er mit dem Kleinwagen Zoe, dem Mittelklassemodell Fluence und dem Zweisitzer Twizy schon bedeutende Modelle am Markt hat. Nur spielen die beim Absatz so gut wie keine Rolle.

In den kommenden Monaten geht es für den PSA-Konzern, Fiat und Renault ums nackte Überleben. Da hat Visionäres wenig Raum. Fiat-Boss Marchionne selbst glaubt, dass die Autobranche vor einem Konzentrationsprozess steht und nur fünf oder sechs große Unternehmen sich den Weltmarkt aufteilen werden. Offen ist nur, ob Fiat und die beiden französischen Hersteller dazugehören werden.

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