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Wirtschaft: Kritik an Frührenten für Vorstände

Goldener Abschied für scheidenden EnBW-Chef

Düsseldorf - Die Pensionsregelungen für viele deutsche Vorstände verstoßen gegen die Grundsätze guter Unternehmensführung. Vergütungsexperten, Arbeitsrechtler und Aktionärsvertreter reagieren deshalb alarmiert. Der Hintergrund: Viele deutsche Unternehmen zahlen ihren Ex-Vorständen schon vor dem Eintritt ins Rentenalter üppige Übergangsgelder. „Das Thema ist derzeit sehr in der Diskussion“, sagt Alexander von Preen, Geschäftsführer der Personalberatung Kienbaum. „Der Fall Utz Claassen hat die Leute aufgeweckt.“

Claassen, der Vorstandschef der Energie Baden-Württemberg (EnBW), wird den Stromversorger in sechs Wochen vorzeitig verlassen. Obwohl er damit nicht einmal eine komplette Amtszeit absolvierte und nach eigener Darstellung freiwillig geht, kann Claassen bereits im Alter von 44 Jahren Übergangsgeld geltend machen. EnBW-Aufsichtsratschef Claus Dieter Hoffmann bestätigte in einem Schreiben, das dem „Handelsblatt“ vorliegt, „dass Herr Prof. Claassen unmittelbar nach Beendigung seiner Tätigkeit für die EnBW Anspruch auf Versorgungsbezüge hat“. Die genaue Höhe dieser Versorgungsbezüge ist nicht bekannt. Aus dem Geschäftsbericht 2006 lässt sich jedoch ableiten, dass es sich um knapp 400 000 Euro pro Jahr handeln könnte. Claassen und die EnBW lehnten auf Nachfrage eine Stellungnahme hierzu ab.

Sollte Claassen eine neue Tätigkeit beginnen, würde sein Gehalt zwar angerechnet. Andernfalls könnte er jedoch bis zum Erreichen der Altersgrenze von 63 Jahren Übergangsgeld erhalten. Die EnBW würde Claassen demnach bis 2026 noch einmal rund sieben Millionen Euro zahlen, nachdem er von 2003 bis 2007 mehr als zwölf Millionen Euro als normale Vorstandsvergütung erhielt. Nach 2026 bekommt Claassen dann eine EnBW-Rente, die genau so hoch ist wie sein Übergangsgeld.

Arbeitsrechtler verurteilen solche Doppel- und Dreifachabfederungen als grundsätzlich unangemessen. „Es ist keine Rechtfertigung dafür ersichtlich, einem Vorstand nach seinem Ausscheiden noch 18 Jahre lang bis zur Pension sechsstellige Summen zu überweisen“, sagt der Fachanwalt Alexander Burger von der Stuttgarter Kanzlei Kasper Knacke Wintterlin & Partner. „Das sollte die Aktionäre nachdenklich stimmen.“ Auch die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz hält Übergangsgelder grundsätzlich für fragwürdig. iw/juf (HB)

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