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Der Kaufhof am Berliner Alexanderplatz ist das größte Haus der Kette.

© dpa

Künftig ohne Feinkost: Kaufhof speckt ab

Unter neuer Führung soll Kaufhof schlanker werden. Erstes Opfer könnten die Feinkostabteilungen sein. In der Filiale am Alex sorgen sich die Angestellten.

Die Lebensmittelabteilung im Kaufhof am Berliner Alexanderplatz ist an diesem Septemberabend gut besucht. Menschen tragen Weinflaschen, Pralinen und exotische Früchte in ihren Einkaufskörben. An der Käsetheke stehen die Leute Schlange. Die Verkäufer haben alle Hände voll zu tun – noch. Denn schon bald könnten die Lebensmittelflächen in zahlreichen Filialen der Kaufhauskette verschwunden sein. Entsprechende Medienberichte bestätigten Personen aus dem Umfeld von Galeria Kaufhof dem Tagesspiegel. Schlecht laufende Feinkostabteilungen werden geschlossen, hieß es aus Unternehmenskreisen.

Zu Zeitpunkten und Standorten hingegen gibt es noch keine Informationen. Eine genaue Bestandsaufnahme werde nach dem Eigentümerwechsel erfolgen. Offiziell wollte sich beim Unternehmen niemand dazu äußern.

Neuer Eigentümer hat sich zu Sozialcharta verpflichtet

Der kanadische Kaufhausbetreiber Hudson’s Bay schließt kommenden Monat die Übernahme der 103 Filialen der Kette Galeria Kaufhof vom Handelskonzern Metro ab. Im Juni hatte der Mutterkonzern den Verkauf für 2,8 Milliarden Euro bekannt gegeben. Sollten sich die Sparpläne für die Lebensmittelabteilungen bestätigen, stünden wohl auch Arbeitsplätze auf dem Prüfstand. Wie das „Manager-Magazin“ berichtet, schütze die von dem kanadischen Unternehmen unterzeichnete Sozialcharta die Beschäftigten nicht vor Stellenstreichungen.

Zwar habe Hudson’s Bay sich zu einer Vertragsstrafe von fünf Millionen Euro für den Fall einer Schließung verpflichtet. Entlassungen ohne die Aufgabe von Standorten seien aber nicht mit einer Strafe belegt. Unternehmenskreise widersprachen dieser Aussage. Hudson’s Bay habe nicht vor, betriebsbedingt zu kündigen. Derzeit arbeiten bei Kaufhof in Deutschland und Belgien rund 21.500 Menschen.

Wenig Verständnis aus der Branche

Im Einzelhandel stoßen die möglichen Sparpläne auf wenig Verständnis. „Der Feinkostmarkt in Berlin boomt, vor allem kleine Geschäfte machen sich in der Hauptstadt breit“, sagt Nils Busch-Petersen, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Berlin-Brandenburg (HBB). Aber auch die großen Feinkostabteilungen in Kaufhäusern böten den Kunden gute Beratung.

Über die möglichen Motive des kanadischen Handelskonzerns kann Busch-Petersen deshalb nur spekulieren. „Ein Grund könnte sein, dass die neuen Herren zeigen wollen, sie sind jetzt da und ziehen ihr eigenes Programm durch.“ Wie das „Manager Magazin“ weiter berichtete, will Hudson’s Bay die Verkaufsflächen an Fremdfirmen untervermieten.

Auch Karstadt will am Essen sparen

Neben Kaufhof plant auch Karstadt, sein Lebensmittelangebot zusammenzustreichen. So sollen bei der Feinkost-Tochter Perfetto, die in 43 der Karstadt-Häusern vertreten ist, Stellen abgebaut werden. Wie viele der rund 2000 Jobs gefährdet sind, ist noch nicht klar. In einem Mitarbeiterbrief vor einigen Wochen heißt es, das Geschäftsmodell sei „gescheitert“.

„Der Aufwand, eine Foodabteilung zu betreiben und die schwer kalkulierbare Lebensmittelmenge können der Grund für die Änderungen der Geschäftsmodelle bei Karstadt und Kaufhof sein“, meint Joachim Stumpf, Geschäftsführer der auf den Handel spezialisierten Unternehmensberatung BBE. Dass Lebensmittel bei Kaufhof vollständig zugunsten von Non-Food-Artikeln weichen müssen, kann sich Stumpf jedoch nicht vorstellen. „Der Konzern will wahrscheinlich die Lebensmittelabteilung nicht grundsätzlich selbst betreiben. Deshalb werden einige Flächen künftig eben untervermietet.“

Reden dürfen die Mitarbeiter über Ängste nicht

Wenig Hilfe können die Angestellten im Fall des Falles wohl von ihrem derzeitigen Chef erwarten. Der 65-jährige Lovro Mandac dürfte selbst Opfer des Konzernumbaus werden: Man müsse – auch aufgrund des fortgeschrittenen Alters – damit rechnen, dass er im Unternehmen bald keine wesentliche Rolle mehr spiele, heißt es aus Unternehmenskreisen.

Im Kaufhof am Alex, mit gut 35.000 Quadratmetern das größte Haus der Kette, hat das Verkaufspersonal Angst. „Von diesen Vorhaben wurden wir nicht in Kenntnis gesetzt, das ist mir neu“, sagt eine Verkäuferin. Konkret äußern dürfen sie sich jedoch nicht, sofort erscheint der stellvertretende Leiter der Lebensmittelabteilung. Auch er weiß von möglichen Einschnitten angeblich nichts. Robert Herrmann (39) ist extra aus Schöneberg angereist, weil es den Lieblingswein der Familie nur in der Weinabteilung des Galeria Kaufhof am Alexanderplatz gibt. „Um den Wein täte es mir natürlich leid“, sagt er. Wesentlich schlimmer fände er es jedoch, wenn dadurch Arbeitsplätze gestrichen würden.

Lisa Splanemann

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