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Wirtschaft: Kulturrevolution bei Lego

STOCKHOLM .Die berühmten Klötze für kreatives Bauen reichen nicht mehr aus, um den Umsatz des dänischen Spielwarenkonzerns Lego abzusichern.

STOCKHOLM .Die berühmten Klötze für kreatives Bauen reichen nicht mehr aus, um den Umsatz des dänischen Spielwarenkonzerns Lego abzusichern.In einer Art Kulturrevolution erweitert das Unternehmen jetzt sein Sortiment mit Computern und Comics.

Jahrzehntelang vertrat die Firma erfolgreich die Philosophie, daß phantasievolles Bauen besser für die Kinder sei als passives Spielen mit technischen Schikanen.Im Jahre 1932 hatte der Tischler Ole Kirk Kristiansen in dem Dorf Billund in Jütland eine Spielwarenherstellung begonnen.Die genialen Plastik-Bausteine, die sich in immer neuen Varianten zusammenstecken lassen, traten 1949 ihren Siegeszug um die Welt an.Der zunehmende Wohlstand, aber auch die moderne Kindererziehung machten die Firma zu einem Milliardenimperium mit heute 9400 Beschäftigten in 30 Ländern und Verkauf in 130 Ländern.Die Nachfahren des Gründers gehören zu den reichsten Personen in Dänemark.

Die reine Lego-Lehre - nichts außer Klötzen - war lange unantastbar; bis sich die zweite Generation der Eignerfamilie den Frevel erlaubte, Packungen mit Vorlagen für den Bau von festgelegten Endprodukten und mit technischen Zutaten zu entwickeln.Jetzt wird die alte Ideologie ganz verschrottet, um im Wettbewerb mit dem vordringenden Computerspielzeug und neuen Medien standzuhalten.Das Jahresergebnis 1997 war ein deutliches Warnsignal: Der Umsatz blieb einigermaßen stabil bei knapp zwei Mrd.DM, doch der Gewinn sackte von gut 120 Mill.auf 16 Mill.DM ab.In Europa, darunter auf dem Lego-Markt Nr.eins Deutschland, war der Verkauf rückläufig.

Die Gegenwehr ist schon eingeleitet worden.Lego arbeitet mit dem weltberühmten Massachusetts Institute of Technology zusammen und hat ganze Stäbe von Experten aus der Hochtechnologiebranche angeheuert.Im vergangenen Jahr lancierte Lego selbst erfolgreich ein Computerspiel.In diesem Jahr kamen noch raffiniertere Produkte auf den Markt "Lego Mindstorm" und "Lego Technic CyberMaster".Der Gründer-Enkel Kjeld Kirk Kristiansen verkündete bei der Vorstellung vor Einkäufern und Fachjournalisten aus aller Welt in London die neue Geschäftsidee: "Wir stecken jetzt das Lego-Universum in den Computer." Um ein "Smart"-Bauteil herum, das zwar wie ein großer Lego-Klotz mit den Stecknoppen aussieht, jedoch ein Mikrochip enthält, können die Kinder Roboter bauen, programmieren und steuern.

Den neuesten Vorstoß unternimmt Lego jetzt nach der Devise: "Kannst du sie nicht schlagen, dann verbünde dich mit ihnen".Der Konzern ist eine Allianz mit den US-Entertainment-Giganten Disney und Lucas sowie dem dänischen Egmont-Verlag eingegangen.Fortan darf er deren Figuren verwenden: Mickey Mouse, Luke Skywalker und Pu, der Bär.Auch geht Lego jetzt ins Geschäft mit Comics, einst von Lego-Jüngern als Ausbund des häßlichen amerikanischen Kommerzialismus gescholten.

Außerdem will Lego jetzt wie andere weltbekannte Firmen "product placement" und "Lifestyle"-Aktivitäten betreiben.So vergibt man Lizenzen zur Anwendung des guten Namens auf Kinderkleidung, Uhren, Bettwäsche und Puzzles.Man verkauft auch Videos, CDs, Bücher und Filme.Auf umworbenen Märkten richtet Lego Familienparks nach dem Vorbild des "Lego-Landes" am Stammsitz in Billund, jedoch dem modernen Sortiment angepaßt, ein.Der erste ausländische Park liegt in Windsor bei London, im kommenden Jahr wird einer in Kalifornien eröffnet, der nächste entweder in Süddeutschland oder in Tokio.Selbst eine Fusion mit einem Konkurrenten ist denkbar, etwa mit dem amerikanischen Mattel-Konzern, dem größten Spielwarenhersteller der Welt.Gefressen werden will man aber nicht, sondern Lego bis zum Jahre 2005 zum "stärksten Warenzeichen der Welt" bei Familien mit Kindern machen.Rekordgewinne sollen schon früher wieder einkehren.

JÖRGEN DETLEFSEN

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