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Ladendiebstahl: Mehr Kameras gegen Diebe

Im Handel werden jährlich Waren für 3,3 Milliarden Euro gestohlen. Die Unternehmen wehren sich mit zusätzlicher Technik - die Zahl der klassischen Kaufhausdetektive geht dagegen zurück.

Berlin - Statistisch gesehen klaute jeder deutsche Haushalt im vergangenen Jahr Waren im Wert von rund 50 Euro. Insgesamt 3,3 Milliarden Euro sind dem deutschen Einzelhandel durch Ladendiebstahl durch die Lappen gegangen. Knapp zwei Drittel davon war auf Ladendiebstähle durch Kunden zurückzuführen, rund eine Milliarde entfiel auf unehrliche Mitarbeiter. Das hat das Einzelhandelsinstitut EHI in einer Umfrage unter 122 Händlern herausgefunden, deren Ergebnis am Dienstag in Köln vorgestellt wurde. Einschließlich Fehlbuchungen und anderer Mängel im Ablauf beliefen sich die Inventurdifferenzen auf insgesamt rund 4,4 Milliarden Euro pro Jahr.

Die Einzelhändler reagieren – und rüsten weiter auf. Nach Einschätzung der Branchenexperten wird künftig noch mehr Geld in die umstrittene Kameraüberwachung investieren. „Die verdeckte Kameraüberwachung wird mit Sicherheit zunehmen“, sagte EHI-Forschungschef Frank Horst dem Tagesspiegel. Schon jetzt setzten mehr als 80 Prozent der Unternehmen Kameras ein, bei einigen liege der Anteil sogar bei bis zu 90 Prozent. „Kameras sind die effektivste Sicherheitsmaßnahme zur Prävention und Abschreckung“, sagte ein Sprecher des Einzelhandelsverbandes HDE.

Die versteckte Kameraüberwachung war in die Schlagzeilen geraten, weil der Discounter Lidl und andere Einzelhändler die elektronischen Helfer auch eingesetzt hatten, um Mitarbeiter bis auf die Toilette auszuspionieren. Lidl hat das inzwischen zugegeben und Besserung versprochen. Nach Angaben des Handelsverbandes HDE ist die Videoüberwachung von Verkaufsräumen „zur Verhinderung und Aufklärung von Diebstählen und Raubüberfällen unverzichtbar“.

Obwohl die Polizeiliche Kriminalstatistik 2007 einen Rückgang der einfachen Ladendiebstähle um 6,6 Prozent auf 400 183 registrierte, erwarten die Händler der Umfrage zufolge keine Verbesserung der Lage. 2006 bewegten sich die Zahlen auf ähnlichem Niveau. Mit der Verlängerung der Öffnungszeiten sei die Personalpräsenz gesunken, sagte Horst. Daher sei es zwangsläufig, dass die Zahl der Kamerainstallationen in den Geschäften zunehmen werde. Schon in den vergangenen Jahren sei die Zahl der Kameras jeweils um fünf bis zehn Prozent gestiegen.

„Der organisierte Ladendiebstahl wird von den Unternehmen als größtes Problem betrachtet“, sagte der EHI-Experte. „Teilweise räumen Banden ganze Regale mit Kosmetika oder Rasierklingen aus.“ Vielfach sei zu beobachten, dass die Gewaltbereitschaft steige und die Täter immer dreister würden. „Hat man früher die Ware in Taschen oder unter Jacken versteckt, kommt es heute vor, dass die Diebe die Sachen ganz offen an sich nehmen und einfach wegrennen.“ Dies werde besonders dann beobachtet, wenn sich nur sehr wenig Personal im Laden befinde.

Auch Horst Probst, Leiter Fachbereich Kaufhausdetektive im Bundesverband Deutscher Detektive, rechnet mit wachsender Kamerapräsenz in den Geschäften. „Ich gehe davon aus, dass künftig eher mehr Kameras eingesetzt werden“, sagte er. Schon deshalb, weil die Kameras technisch immer besser würden und außerdem billiger seien als der klassische Kaufhausdetektiv. „Da können wir nicht mithalten“, sagte Probst, der auch Inhaber einer Detektei in Goslar ist. Das Geschäft der klassischen Kaufhausdetektive sei daher rückläufig, ihre Zahl in den vergangenen Jahren um bis zu 40 Prozent zurückgegangen, schätzt er. Wie viele Menschen ihre Brötchen als Kaufhausdetektiv verdienen, wird allerdings nicht erfasst. Nach Branchenschätzung liegt die Zahl zwischen 5000 und 7000.

Maren Peters

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