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Es geht nicht ohne ihn, meint Ferdinand Piëch. Und das findet der Bundestagspräsident unmöglich.

© dapd

Lammert gegen Piech: „Ein Außerirdischer“

Bundestagspräsident Norbert Lammert greift VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch an, weil der mit 75. noch den Konzern beaufsichtigt. VW schlägt zurück: Lammert habe keine Ahnung.

Berlin - Die Reaktion aus Wolfsburg deutet daraufhin, dass Norbert Lammert ins Schwarze getroffen haben könnte. „Das Einzige, was außerirdisch ist, sind die absolut mangelhaften Sachkenntnisse von Herrn Lammert.“ Und Stephan Grühsem, Sprecher des Volkswagen-Konzerns und Vertrauter von Vorstandschef Martin Winterkorn, gab dem Bundestagspräsidenten auch noch einen Rat mit: „Erst informieren, dann reden.“

Auslöser der Empörung Grühsems war eine kleine Attacke Lammerts gegen den Mann gewesen, der seit gut 20 Jahren als Vorstands- und Aufsichtsratschef, die Strategie von VW bestimmt: Ferdinand Piëch. Lammert hatte eine Rede anlässlich des 10. Geburtstags des deutschen Corporate-Governance-Kodex gehalten und dabei auch einen „besonders großen deutschen Autokonzern“ erwähnt. Mit dem Kodex wollen Aktiengesellschaften Transparenz schaffen und das Vertrauen der Investoren gewinnen.

Etwas verdruckst, also ohne Ross und Reiter zu nennen, fabulierte Lammert weiter über einen schon ziemlich alten Aufsichtsrat, der sich über alle Corporate-Governance-Regeln hinwegsetze – wie ein „Außerirdischer“. Dieses Wort war zu viel für die Wolfsburger, und so keilte Grühsem gegen den Bundestagspräsidenten, immerhin die Nummer zwei im Staat, der überhaupt keine Ahnung habe.

Tatsächlich ist Ferdinand Piëch 75 Jahre alt und sein treuer Gefährte Martin Winterkorn auch schon 65. Piëch hatte Winterkorn 2006 zum Chef in Wolfsburg gemacht, nachdem er Bernd Pischetsrieder abgeschossen hatte. Und die beiden älteren Herren haben noch etwas vor, bis spätestens 2018 wollen sie VW zum größten Autokonzern der Welt machen. Unter anderem mit neuen Fabriken in Mexiko und China und Neuerwerbungen wie Ducati, Porsche und MAN. Aber sind sie nicht viel zu alt dafür?

Der Corporate-Governance-Kodex gibt eine Empfehlung an die Aktiengesellschaften: „Eine Altersgrenze für Vorstandsmitglieder soll festgelegt werden.“ Piëch und Winterkorn wandten sich im vergangenen Februar dagegen. „Eine Altersgrenze für Vorstandsmitglieder wird nicht mehr für angemessen erachtet, da die Fähigkeit, das Unternehmen erfolgreich zu führen, nicht generell bei Erreichen eines bestimmten Alters entfällt.“ Und überhaupt könne „das Unternehmensinteresse eine Bestellung über das 65. Lebensjahr hinaus erfordern“, schreiben die beiden gleichsam über sich selbst. Und ließen sich die eigenen Verträge von den zuständigen Gremien verlängern. Winterkorn bleibt mindestens bis Ende 2016 Vorstandsvorsitzender und Piëch sogar bis 2017 Aufsichtsratschef. Dann ist er 80. Und falls er dann und wider Erwarten doch ein wenig wacklig geworden sein sollte, übernimmt vielleicht Ehefrau Ursula den Job des Oberaufsehers.

Frau Piëch geht die kommenden Jahre in die Lehre, nachdem sie gerade eben in den VW-Aufsichtsrat bestellt wurde. Auch über diesen Umstand äußerte sich der Bundestagspräsident abfällig, weil er die Unabhängigkeit von Ursula Piëch nicht gewährleistet sieht. Da kann er sich durchaus täuschen, denn Frau Piëch gilt als herzlich aber resolut – auch gegenüber dem Ehemann. „Ach, sie macht das bestimmt noch besser als ich“, hatte Ferdinand am Rande der VW-Hauptversammlung im April gegrummelt, kurz bevor die Aktionäre Ursula mit 88 Prozent wählten. Winterkorn gratulierte der „profunden Autokennerin“ und die versprach den Aktionären deren Interessen zu berücksichtigen. „Immer unter dem Gesichtspunkt der sozialen Verantwortung.“ Das klingt gut. Und dürfte auch dem Bundestagspräsidenten gefallen.

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