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Landesbanken: WestLB wird zur ewigen Baustelle

Der Bund rettet die WestLB in letzter Minute – die überfällige Neuordnung der sieben Landesbanken ist nicht in Sicht.

Berlin - Auf diesen Schritt haben viele Banker mit Spannung und Sorge gewartet. Am vergangenen Dienstag hat der Bund entschieden, die angeschlagene WestLB mit Geld aus dem staatlichen Rettungsfonds Soffin zu unterstützen. Bis zu vier Milliarden Euro soll das marode Institut erhalten. Beobachter verbanden mit der Aktion zunächst die Erwartung, dass der Bund in einem zweiten Schritt durchgreifen und eine überfällige Neuordnung der Landesbanken erzwingen würde. Wenige Tage später aber sieht es so aus, als hätten sich die Reformer zu früh gefreut. Die Regierung wagt sich nicht an das heikle Thema.

„Die Konsolidierung ist die Aufgabe der Landesbanken. Der Bund wird keinen Einfluss nehmen“, sagte ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums dem Tagesspiegel. Die rechtliche Lage sei eindeutig. „Daran ändert sich nichts dadurch, dass der Soffin die WestLB unterstützt. Das ist ein Prozess, für den die Eigentümer verantwortlich sind.“ Auch Hermann Otto Solms, finanzpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion, betont: „Bei der Frage der Konsolidierung gibt es derzeit keine Handhabung für den Bund.“ Eine konkrete Erwartung an die Düsseldorfer Landesbank hat Solms aber dennoch: „Eine Beteiligung des Bundes kommt nur in Betracht, wenn sie mit einer grundsätzlichen Restrukturierung einhergeht. Bei der WestLB hat der Bund jetzt einen Fuß in der Tür.“ Es müsse sichergestellt werden, so Solms, dass es zu einer Umstrukturierung kommt, die nicht zulasten des Steuerzahlers gehe.

Doch die mögliche Sanierung eines einzelnen Instituts löst noch nicht die Grundsatzfrage: Was wird aus den sieben eigenständigen Landesbanken, die ihren Eigentümern in ihrer jetzigen Verfassung mehr schaden als nutzen?

WestLB-Chef Dietrich Voigtländer will nach der Rettung in letzter Minute nun einen neuen Fusionsversuch unternehmen. Man strebe einen Zusammenschluss mit einer anderen Landesbank an, sagte er am Samstagabend in Düsseldorf. Zunächst werde die WestLB aber ihre Hausaufgaben erledigen. Es wäre ein weiterer von mehreren Anläufen zu einer Fusion mit einer der anderen sechs deutschen Landesbanken. Großer Favorit für die WestLB-Eigentümer war zuletzt die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba), die freilich versteckte Risiken in den WestLB-Büchern befürchtete. Aber auch die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) war bereits von der WestLB als möglicher Partner umworben worden. Sie übernahm stattdessen die SachsenLB.

Gegründet wurden die Landesbanken, um die öffentlich-rechtlichen Sparkassen zu unterstützen und größere Projekte in den Bundesländern zu finanzieren. Dabei half, dass sie sich billiger Geld leihen konnten als andere Kreditinstitute, weil der Staat für die Landesbanken haftete. Die Europäische Union hat diese sogenannte Gewährträgerhaftung ab 2003 verboten und den Landesbanken damit ihre Geschäftsgrundlage entzogen.

Die Institute mussten ausweichen auf die Gewinnmodelle der Privatbanken. Sie versuchten sich zum Beispiel im Investmentbanking. Einige fielen dabei mit riskanten Spekulationsgeschäften auf die Nase. Die HSH Nordbank hat sich mit Schiffsfinanzierungen verhoben. Die Haushalte ihrer Eigentümer Hamburg und Schleswig-Holstein stehen kurz vor dem Kollaps. Auch die Bayerische Landesbank und die LBBW stehen unter Druck. Gute Zahlen können nur noch die NordLB und die Hessische Landesbank aufweisen. Darunter leiden auch die Sparkassen als Miteigentümer. Die Kleinen haften für die Eskapaden der Großen.

Doch auch schon vor der Krise wurde viel über die Frage diskutiert, wozu man eigentlich landeseigene Institute braucht, die nichts anderes machen als die Privatbanken, und das nicht einmal erfolgreich. Alternativen gibt es reichlich. Die maroden Landesbanken könnten, wie jetzt die WestLB, ihre toxischen Papiere in eine Bad Bank unter dem Dach des staatlichen Rettungsfonds ausgliedern. Der gesunde Kern kann privatisiert werden. Ein anderes Modell sieht vor, dass die Sparkassen die Institute kaufen. Die Landesbank Berlin etwa gehört seit dem Ende der Bankgesellschaft dem Sparkassenverband.

Für Hans-Peter Burghof, Professor für Bankwirtschaft an der Universität Hohenheim, ist die Ideallösung: „Eine einzige Landesbank, die vom Sparkassenverband so gestaltet wird, wie das betriebswirtschaftlich im Kontext der Sparkassengruppe Sinn macht.“ Sinn machen könnte eine Großbank, die den kleinen Sparkassen die weltweiten Kapitalmärkte erschließt oder Kunden bei Börsengängen begleitet. Diese Lösung würden auch die Sparkassen begrüßen, auch wenn deren Chef Heinrich Haasis sich derzeit zu dem Thema lieber nicht äußert.

Burghof glaubt indes nicht, dass die Krise und die Rettungsinterventionen des Bundes die Neuordnung der Landesbanken beschleunigen: „Jetzt in der Krise nimmt die Politik noch mehr Einfluss. Das macht mir Sorge. Denn die tragen ja eine Mitschuld daran, dass die Landesbanken nicht früher konsolidiert wurden.“

Tatsächlich haben die Ministerpräsidenten ihre Landesbanken bisher eifersüchtig gegen jedes Begehren verteidigt. Eine einzige „Bank deutscher Länder“, wie Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) das Modell betitelte, hätte auch nur einen Unternehmenssitz. An den Instituten hängen aber tausende von Arbeitsplätzen. Außerdem rückt eine Landesbank eher Geld für ein politisch gewolltes Projekt heraus als ein privates Kreditinstitut. Erlaubt ist das natürlich nicht, „aber da gibt es viele Grauzonen“, sagt Burghof. Zumal die Personalien oft verquickt sind. Politiker sitzen im Aufsichtsrat der Landesbanken oder werden nach dem Ende der politischen Karriere mit einem Posten abgespeist.

Im Koalitionsvertrag taucht das Wort Landesbanken nicht ein einziges Mal auf. „Wir haben darüber geredet“, sagt der Finanzpolitiker Solms. „Aber da die Länder ausgesprochen empfindlich sind, was ihre Rechte betrifft, steht das nicht im Koalitionsvertrag.“

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