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LBB-Skandal: Sonderermittler tappen im Dunkeln

Im Skandal um abhandengekommene Kreditkarten-Informationen bei der Landesbank Berlin und dem Dienstleister Atos bleiben viele Fragen weiter offen. Unklar ist etwa, ob Kunden geschädigt wurden und wie die Daten zur "Frankfurter Rundschau" gelangen konnten. Der ADAC will seine Kreditkarten nun austauschen.

Drei Tage nach Bekanntwerden des bundesweiten Skandals um Kreditkartendaten der Landesbank Berlin (LBB) sind die Hintergründe noch unklar. Bei der Polizei in Frankfurt am Main sollen mehr als zehn Sonderermittler klären, wie zehntausende vertrauliche Daten - darunter Namen, Kontonummern und detaillierte Buchungsvorgänge - abhandenkommen konnten. Einen konkreten Tatverdacht und Festnahmen gibt es nach Polizeiangaben aber noch nicht. Anzeigen geschädigter Karteninhaber sind ebenfalls nicht bekannt. Bei der LBB, der größten Herausgeberin von Kreditkarten in Deutschland, meldeten sich seit Samstag mehrere zehntausend verunsicherte Kunden. Verbraucherschützer und Politiker forderten rasche Aufklärung.

Die "Frankfurter Rundschau" berichtete unterdessen über illegale Abbuchungen von bis zu 5000 Euro von Kreditkarten verschiedener Banken, deren Daten wie jene der LBB vom Frankfurter Abrechnungsdienstleister Atos Worldline verwaltet werden. Die LBB betonte aber, es bestehe kein Zusammenhang zum Verlust ihrer Daten. Bei der Frankfurter Polizei hieß es zudem, dies sei "nicht Gegenstand der Ermittlungen".

Der zuständige "FR"-Redakteur Matthias Thieme sagte der dpa, die Zeitung habe Hunderte Mails erhalten, in denen Kunden von Missbrauch ihrer Karten berichteten. Die Zeitung druckte einen Brief von Atos Worldline von Anfang Dezember - also vor dem jetzigen Skandal - an Kunden ab, in dem vor möglichem Missbrauch von Kreditkartendaten gewarnt wurde. Atos lehnte eine Stellungnahme ab.
Kurier bislang nicht identifiziert

Die Daten der LBB waren vermutlich bei einer Kurierfahrt von Atos Worldline zur Landesbank Ende vergangener Woche verschwunden und wurden der "FR" zugespielt. Unklar ist, ob sie verloren gingen oder gestohlen wurden. Zu den Ergebnissen einer Befragung von Mitarbeitern der Landesbank und von Atos äußerte sich der Polizeisprecher nicht. Der Kurier sei vorerst nicht identifiziert worden. Auch dazu machte eine Atos-Sprecherin keine Angaben.

Eine LBB-Sprecherin sagte, das Institut wolle externe Sachverständige hinzuziehen, um die Sicherheitsstandards zu erhöhen. Die Landesbank hat derzeit 1,9 Millionen Kreditkarten herausgegeben. Sie stellt auch Karten für andere Firmen bereit, etwa den Automobilclub ADAC oder den Internet-Versandhändler Amazon. Die LBB hatte angekündigt, Kunden von eventuellen Schäden freizuhalten. Ob wegen des Skandals schon Karten gesperrt wurden, blieb unklar. Die LBB-Sprecherin verwies darauf, dass entsprechende Statistiken erst am Monatsende erstellt würden.

Der ADAC will unterdessen alle betroffenen Karten austauschen. Mit 635.000 Kreditkarten-Verträgen ist der ADAC ein Großkunde der LBB. Ein Sprecher sagte, jeder Betroffene erhalte kostenlos eine neue Karte. Beim Kundendienst hätten zahlreiche Kunden nachgefragt, ob sie ihre Karte sperren lassen sollten. Die meisten von ihnen hätten aber beruhigt werden können, da die LBB versichert habe, für Schäden geradezustehen.

Aigner: Keine neuen Gesetze nötig

Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) forderte unterdessen harte Konsequenzen, lehnte aber eine weitere Gesetzesverschärfung ab. "Für mich ist entscheidend, dass bestehende Gesetze auch angewendet werden, bevor wir immer in eine Olympiade der Neuregelungen einsteigen", sagte Aigner der Deutschen Presse-Agentur dpa.

Die zuständige Ministerin hält die Gesetzeslage für ausreichend. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) forderte die Länder auf, mehr Personal für die Datenschutzbehörden einzustellen, damit sie ihren Aufgaben gerecht werden könnten. Auch müssten die Behörden Daten löschen oder sperren und rechtswidrige Datenverarbeitung untersagen können, sagte Zypries der "Berliner Zeitung". Der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz sagte der "Neuen Presse": "Wir brauchen eine schlagkräftige Datenschutzpolizei." Der Umgang mit Daten in Privatfirmen müsse "viel stärker kontrolliert werden als bisher".

Postsendung kann angeblich nicht zurückverfolgt werden

Die Verbraucherzentralen prophezeiten "noch viele undichte Stellen" und forderten eine weitere Verschärfung des in Bundestag und Bundesrat zur Abstimmung anstehenden neuen Datenschutzrechts. Nötig sei auch ein Datensiegel, das den Weg der Weitergabe dokumentiere, sagte der Sprecher des Bundesverbands Christian Fronczak.

Die Kreditkartendaten waren bei der "FR" wie ein anonymes Postpaket angekommen. "Es war an den Chefredakteur adressiert", sagte Redakteur Thieme, und habe ein Adressfeld und einen Strichcode gehabt. Versuche bei der Posttochter DHL, die Herkunft anhand des Strichcodes zurückzuverfolgen, seien fehlgeschlagen.

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