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Lebensmittel: Fleischskandal erreicht Berlin

Nach Bekanntwerden eines neuen Fleischskandals in Niedersachsen haben die Behörden insgesamt 15 bis 20 Fleisch verarbeitende Betriebe in mehreren Bundesländern durchsucht, darunter auch in Berlin.

Oldenburg - Es bestehe die Befürchtung, dass sie von dem Betrieb in Lastrup, der als Zwischenhändler auftrat, verdorbenes Fleisch gekauft und weiter verarbeitet haben, sagte eine Sprecherin des Justizministeriums in Hannover am Freitag. Die Behörden hatten bei der Firma 20 Tonnen möglicherweise verdorbenes Geflügelfleisch sowie Unterlagen und Computer beschlagnahmt. Bundesverbraucherminister Jürgen Trittin (Grüne) verlangte vom Land Niedersachsen schnelle Aufklärung.

Der Verdacht gegen den Betrieb in Lastrup hat sich bereits bei der Untersuchung einer ersten Probe bestätigt. Das sicher gestellte Geflügelfleisch «stank zum Himmel», teilte das Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) in Oldenburg mit. «Das Fleisch ist vergammelt und nicht zum Verzehr geeignet», sagte die Sprecherin der Behörde, Hiltrud Schrandt. Das Lebensmittelinstitut des LAVES hatte das Fleisch untersucht.

Außer in sechs weiteren niedersächsischen Betrieben gab es nach Angaben des Justizministeriums in Hannover auch Durchsuchungen in Nordrhein-Westfalen, Bremen, Berlin und Süddeutschland. «Das geschah zum Verbraucherschutz und zur Beweissicherung», sagte Ministeriumssprecherin Jutta Rosendahl. Die inzwischen geschlossene Firma in Lastrup steht im Verdacht, große Mengen verdorbenes Geflügelfleisch in den Handel gebracht zu haben. Eine Mitarbeiterin hatte den Behörden einen Hinweis gegeben.

Trittin forderte das niedersächsische Landwirtschaftsministerium auf, ihm umgehend den aktuellen Sachstand mitzuteilen und eine Einschätzung über die mögliche Gesundheitsgefährdung von Verbrauchern zu geben. Außerdem müssten die Lieferwege des Geflügelfleisches und mögliche Rückholaktionen geprüft werden. Sollte verdorbene Ware auch ins Ausland gegangen sein, müssten die EU-Kommission und die betroffenen Staaten informiert werden.

Der Sprecher des Landwirtschaftsministeriums in Hannover, Gert Hahne, betonte, die zuständigen Überwachungsbehörden hätten korrekt gearbeitet. Inzwischen werde ein Berufsverbot für den Zwischenhändler geprüft. Es zeichne sich bereits «ziemlich sicher» ab, dass er sich der «gewerbsmäßigen Betrügerei» schuldig gemacht habe. So sei tiefgefrorenes Fleisch aufgetaut und als frische Ware verkauft worden. «Das ist schlicht Betrug.»

Die erste untersuchte Probe aus dem Betrieb sei schon vom Geruch her durchgefallen, sagte LAVES-Sprecherin Schrandt. «Das reicht zur Beanstandung, ohne dass wir weiter untersuchen müssten.» Das Fleisch werde nun aber weiter analysiert. So solle unter anderem ermittelt werden, ob es mit Keimen belastet ist. Außerdem würden in den kommenden Tagen weitere Proben untersucht.

Auch die FDP und die Linkspartei im Bundestag riefen nach Konsequenzen. Das vergammelte Fleisch müsse so schnell wie möglich sichergestellt, zurückgeholt und vernichtet werden, sagte der FDP-Agrarpolitiker Hans-Michael Goldmann. Die Bundestagsabgeordnete Kersten Naumann von der Linkspartei forderte eine «gläserne Produktion» vom Futtermittel bis zur Ladentheke.

Der neue Fleischskandal ist bereits der dritte binnen weniger Monate. So war bei Filialen der Handelskette real Fleisch mit abgelaufenem Verfallsdatum umetikettiert und wieder verkauft worden. Eine Fleischfirma im niederbayerischen Deggendorf soll in mehr als 50 Fällen rund 760 000 Kilogramm für den menschlichen Verzehr untaugliche Geflügelabfälle als genusstaugliche Ware an Firmen verkauft haben, die diese Ware zu Lebensmitteln verarbeiteten. (tso/dpa)

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