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Lebensversicherungen: Angst um die Altersvorsorge

Niedrige Zinsen belasten die Lebensversicherer - jetzt hilft die Politik.

Berlin - Bei der Allianz feiert man in diesem Jahr Bescherung schon im November: Vorstandsmitglied Oliver Bäte hatte am Freitag bei Vorstellung der Zahlen für das dritte Geschäftsquartal für jeden gute Nachrichten. Die Aktionäre von Europas größtem Versicherungskonzern können sich über die 1,4 Milliarden Euro freuen, die der Konzern von Juli bis September verdient hat (2011: 258 Millionen Euro). Den Millionen Menschen, die bei der Allianz eine Lebensversicherung haben, versicherte Bäte, dass sie sich keine Sorgen um ihre Altersvorsorge machen müssten. „Die Allianz ist sehr solide“, betonte er, allerdings gebe es andere Unternehmen, bei denen das nicht so sei.

Viele Menschen haben derzeit Angst um ihre Lebensversicherung. Geschürt wird diese von der Politik. In einem Bericht für den Finanzausschuss des Bundestages warnt das Bundesfinanzministerium davor, dass Versicherer langfristig Probleme bekommen könnten. Nach dem Jahr 2018 sei das schwächste Fünftel der rund 100 deutschen Lebensversicherungsunternehmen möglicherweise nicht mehr in der Lage, die den Kunden garantierten Zinsen zu zahlen und zugleich ausreichende Eigenmittel vorzuhalten. Unterstellt wird dabei, dass die Rendite zehnjähriger deutscher Staatsanleihen dauerhaft bei 2,1 Prozent verharrt. Staats- und andere festverzinsliche Wertpapiere machen den Löwenanteil in der Kapitalanlage der Versicherer aus. Das Problem: Aktuell werfen Bundesanleihen sogar nur 1,4 Prozent ab. Das reicht nicht, um die Garantien, die die Versicherer den Kunden gegeben haben, zu erfüllen. Zwar liegt der Garantiezins für Neuverträge nur noch bei 1,75 Prozent, bei Policen, die zwischen 1995 und dem Jahr 2000 geschlossen wurden, sind es jedoch vier Prozent, die den Kunden für die gesamte Laufzeit ihrer Versicherung garantiert werden. Hinzu kommen noch die jährlich neu festgelegten Überschussbeteiligungen, die – sobald sie den Verträgen gutgeschrieben sind – den Kunden ebenfalls nicht mehr genommen werden können. Unterm Strich müssen die Versicherer daher im Schnitt 3,3 Prozent erwirtschaften, um die Ansprüche ihrer Versicherten zu erfüllen.

Derzeit schaffen das noch alle. „Die Lebensversicherer können kurz- bis mittelfristig ihre Leistungsversprechen erfüllen“, sagte Kathi Schulten von der Finanzaufsicht Bafin, „das gilt für alle Unternehmen“. Von „purer Panikmache“ spricht auch Manfred Poweleit, Herausgeber des Branchendienstes „Map-Report“. Im vergangenen Jahr hätten die Lebensversicherer mit ihren Kapitalanlagen im Schnitt 4,1 Prozent verdient, Spitzenunternehmen wie die Debeka sogar 4,8 Prozent. Und auch Axel Kleinlein, Chef des Bundes der Versicherten, warnt vor Hysterie. Verbraucher, die eine gute, hochverzinste Police hätten, sollten diese jetzt auf keinen Fall Hals über Kopf kündigen, betont der Verbraucherschützer. Das gelte auch mit Blick auf die Jahre nach 2018. „Wenn die Niedrigzinsphase dann noch anhält und die Inflation die Kapitalerträge auffrisst, haben nicht nur die Versicherer Probleme“, sagt Kleinlein.

Auch im Finanzministerium gab man am Freitag Entwarnung. Nach den jüngsten Beschlüssen des Bundestags seien die Gefahren „reduziert“, betonte ein Sprecher. Die Parlamentarier hatten am Donnerstagabend beschlossen, dass die Versicherer die Buchgewinne, die sie durch die Kurssteigerungen ihrer alten, festverzinslichen Wertpapiere erzielen, nicht mehr an die Kunden ausschütten müssen. Zudem wird die Trennung von Alt- und Neubeständen aufgehoben. Die meist gut verzinsten Kapitalanlagen aus der Zeit bis 1994 – der Liberalisierung des Versicherungsmarktes – durften bislang neueren Verträgen nicht zugute kommen. Auf Einbußen müssen sich die Versicherten dennoch einstellen. „Die Überschussbeteiligungen werden sinken“, warnt Manfred Poweleit.

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