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Wirtschaft: „Lehrer müssen nicht unbedingt Beamte sein“

Verwaltungsrechtler Bull fordert eine Reform des Systems

HANS PETER BULL

früher Innenminister von SchleswigHolstein, hat die Kommission zur Reform des öffentlichen Dienstes in Nordrhein-Westfalen geleitet.

Foto: picture-alliance

Herr Bull, brauchen wir noch Beamte?

Wir werden immer Beamte brauchen. Aber das traditionelle Beamtenrecht ist nicht mehr zeitgemäß. Unsere Verwaltung wird den veränderten Anforderungen unter anderem durch Globalisierung, Migration, Umweltkrise und Veränderungen im Bildungswesen nicht mehr voll gerecht.

Wie kommt das?

Es gibt viele Gründe, zum Beispiel Überregulierung, verkrustete Strukturen, zu wenig wirtschaftliches Denken. Insbesondere für hochqualifizierte Leute sind auch die Gehälter im öffentlichen Dienst nicht mehr attraktiv genug. Sie gehen lieber in die Wirtschaft.

Mit welchen Folgen für das System?

Die Qualität der Leistungen im öffentlichen Dienst sinkt, und die Führungsqualität ist schlecht.

Wie wollen Sie das ändern?

Es muss neue Leistungsanreize geben. Das Entgelt sollte sich aus einer funktionsbezogenen Grundvergütung und einem leistungsbezogenen Anteil zusammensetzen.

Wollen Sie das Berufsbeamtentum damit ganz abschaffen?

Für die hoheitlichen Staatsfunktionen muss es Beschäftigte geben, die in einer besonderen Pflichtenbindung stehen und entsprechende besondere Rechte haben, damit sie ihre Aufgaben angemessen erfüllen können. Dazu zählen Polizei, Justiz, Feuerwehr und Katastrophenschutz, Finanzverwaltung, diplomatischer Dienst, aber auch die Leitungsfunktionen in den obersten Bundes- und Landesbehörden. Die Rechtsstellung dieser Beamten im neuen Sinne muss sich nach ihrer Funktion richten.

Was ist mit Lehrern?

Die müssen nicht unbedingt Beamte im herkömmlichen Sinne sein.

Wäre ein öffentlicher Dienst ohne Beamte billiger?

Nicht unbedingt. Unser Modell ist kein Sparmodell. Wenn es Einsparungen gibt, dann durch verbesserte Organisation, durch besseres Management und neue Leistungsanreize.

Wird der öffentliche Dienst anfälliger für Korruption, wenn der Beamtenstatus wegfällt?

Nein. Wer glaubt, das geltende Beamtenrecht sei die einzige Garantie dafür, dass es in der Verwaltung gerecht und unparteiisch zugehe, der irrt nicht nur, sondern beleidigt all diejenigen, die nicht nach dem traditionellen deutschen Beamtenrecht leben - also die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes und all unsere Nachbarstaaten.

Das Gespräch führte Maren Peters.

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