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Geschafft. Andrea Nahles hat den Mindestlohn eingeführt, die Tarifeinheit geregelt und nun ein Gesetz zur Regulierung von Leiharbeit und Werkverträgen auf den Weg gebracht.

© imago/Christian Thiel

Leiharbeit und Werkverträge: Eine kleine Reform, die nicht viel bringt

Nach langem Gewürge und Streit in der Koalition hat sich die Regierung verständigt auf eine leichte Regulierung von Leiharbeit und Werkverträgen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Alfons Frese

Was lange währt, das wird nicht unbedingt gut. Vor mehr als einem halben Jahr gab die CDU-Bundeskanzlerin Angela Merkel einen Hinweis darauf, was die SPD-Arbeitsministerin Andrea Nahles zu erwarten habe. Auf dem Arbeitgebertag im November versprach Merkel, auf Nahles aufzupassen, damit diese nicht bei der Regulierung von Zeitarbeit und Werkverträgen überziehe. Zwischendurch war man sich einig, dann zickte die CSU, weil die bayerischen Arbeitgeber erfolgreich Lobbyarbeit gemacht hatten, doch nun geht es mit dem Gesetz in die Zielgerade. Ende gut, ein bisschen gut.

Auf dem Arbeitsmarkt ist in den vergangenen Jahren viel passiert. Atypische Beschäftigungsverhältnisse wie Leiharbeit, befristete und geringfügige Beschäftigung und Teilzeitarbeit nehmen zu. Das ist die dunkle Seite der monatlich so erfreulichen Arbeitslosenquote.

Vor vielen Jahren begannen die großen Industriegewerkschaften gegen den Missbrauch von Leiharbeit zu protestieren, und mit Hilfe von tariflichen Zuschlägen für die Zeitarbeiter schafften sie es dann auch tatsächlich, etwas mehr Gerechtigkeit im Betrieb einzuführen: Die Einkommenslücke zwischen Stammbeschäftigten und langfristig eingesetzten Leihkräften wurde kleiner. Und nun gibt es endlich auch eine gesetzliche Grundlage für Equal Pay und für den maximale Einsatzzeit im Betrieb.

Während die Leiharbeit vor allem durch Tarifverträge zunehmend geregelt wurde, stieg gleichzeitig die Zahl der Werkverträge: Zwischen 2002 und 2014 von 350.000 auf 760.000. Das Bedrohliche dabei für Belegschaften und Gewerkschaften: Die Tätigkeiten von Stammbeschäftigten werden an freie Mitarbeiter mit Werk- oder Dienstvertrag vergeben, weil die häufig billiger sind und weil Schutz- und Mitbestimmungsrechte umgangen werden können.

Der Ansatz von Andrea Nahles war nun, ins Gesetz einen Kriterienkatalog zu schreiben, mit dem klargestellt wird, ob jemand wirklich als Selbstständiger arbeitet oder als Scheinselbstständiger abhängig beschäftigt ist. In dem Fall würde ein Arbeitsverhältnis bestehen und der Arbeitgeber müsste ganz normal Sozialbeiträge für den Arbeitnehmer zahlen. Diesen Kriterienkatalog, der die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte in den vergangenen Jahren abbilden und zu mehr Rechtssicherheit führen sollte, hat die Union verhindert.

Den Anwälten geht die Arbeit nicht aus

Es steht nun im Gesetz, was immer schon gilt: Wenn ein Werkvertragsarbeitnehmer in dem Unternehmen, für das er arbeitet, weisungsgebunden ist, dann besteht ein Arbeitsverhältnis. Im Prinzip. Im Zweifel, und davon gibt es reichlich, entscheiden die Gerichte. Also alles wie gehabt. Den Anwälten geht die Arbeit nicht aus.

Im Koalitionsvertrag heißt es, zur Vermeidung rechtswidriger Vertragskonstruktionen sei es erforderlich "die Kontroll- und Prüfinstanzen bei der Finanzkontrolle Schwarzarbeit zu konzentrieren, organisatorisch effektiver zu gestalten, zu erleichtern und im ausreichenden Umfang zu personalisieren". Das erinnert an die Praxis bei der Umsetzung des Mindestlohns: Die Regierung führte die 8,50 Euro zum 1.1.2015 ein, betont die Notwendigkeit der Kontrollen und tut nichts dafür. Im Gegenteil. Im ersten Jahr des Mindestlohns waren die Zöllner vor allem mit Flüchtlingen beschäftigt.

Viel komplizierter als der Mindestlohn ist der Umgang mit den Werkverträgen. Das Gesetz ist gut gemeint, in der betrieblichen Praxis wird es ins Leere laufen. Auch deshalb, weil die Betriebe bei der Entwicklung von Ausweichstrategien viel schneller sind als die Regierung mit ihren Regulierungsversuchen. Der Trend zum Auslagern wird sich fortsetzen - und irgendwann wird sich wieder eine Bundesregierung mit dem Thema befassen müssen.

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