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Leitzins: Geld bleibt billig

Kein Schritt nach oben: In den USA und Europa bleiben die Zinsen stabil. Die Europäische Zentralbank lässt den Leitzins unverändert - obwohl die Wirtschaft im Euro-Raum derzeit stabil wächst.

Die Krise an den Finanzmärkten hat die Zinserhöhungspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) vorerst gestoppt. Anders als noch vor wenigen Wochen angekündigt, ließ der Rat der EZB den Leitzins bei seiner Sitzung am Donnerstag unverändert bei vier Prozent. „Wegen der hohen Unsicherheit an den Finanzmärkten sind zusätzliche Daten notwendig, bevor Schlussfolgerungen für die Geldpolitik gezogen werden können“, sagte EZB-Präsident Jean-Claude Trichet in Frankfurt am Main. Für die kommenden Monate schloss Trichet weitere Zinserhöhungen nicht aus. Auf die Formulierung von der „großenWachsamkeit“, mit der Trichet in der Regel unmittelbar bevorstehende Zinserhöhungen ankündigt, verzichtete er aber.

Die Konjunkturaussichten in Europa seien weiter gut, Auswirkungen durch die Krise sehe er nicht, sagte Trichet. Er forderte aber die Akteure auf den Finanzmärkten und damit vor allem die Banken zu verstärkter Aufklärung über die Risiken auf. „Wir brauchen mehr Transparenz. Dieser Mangel kommt uns teuer zu stehen“, sagte Trichet. Sollten die Banken dies selbst nicht leisten, müsse man über gesetzliche Vorschriften nachdenken.

Obwohl die Wirtschaft im Euro-Raum derzeit robust wächst, kommen die Finanzmärkte infolge der US-Immobilienkrise nicht zur Ruhe. Noch vor der Ratssitzung hatte die EZB erneut kurzfristig Geld zur Verfügung gestellt. Gut 42 Milliarden Euro pumpte sie in den Geldmarkt. Bereits im August hatte die Notenbank den Geschäftbanken mit mehreren Geldspritzen geholfen, weil diese sich gegenseitig kein Geld mehr leihen. „In den vergangenen Tagen hatte sich die Skepsis am Markt noch einmal verschärft“, sagte Oliver Borgis, Analyst bei der Weberbank, dem Tagesspiegel. Er rechnet schon bald mit einer Beruhigung der Krise und deshalb auch mit weiteren Zinsschritten. „Es klingt durch, dass die EZB generell am Kurs der Zinserhöhungen festhalten will“, sagte Borgis. „Meines Erachtens könnte schon im Oktober der nächste Schritt kommen.“

Andere bleiben skeptischer. Michael Schubert von der Commerzbank glaubt, es werde jetzt in diesem und auch im nächsten Jahr keine Zinserhöhung mehr geben. Er rechnet in absehbarer Zeit sogar mit einer Lockerung der Geldpolitik.

Die Aktienmärkte reagierten am Donnerstag kaum auf das Verhalten der EZB. Die Anleger hatten schon erwartet, dass die Notenbank den Zins unverändert lassen würde.

Von der Wirtschaft gab es Lob für die Notenbank. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) nannte den Verzicht auf die Erhöhung „sinnvoll“. Die Zinszurückhaltung dürfte eine Entlastung bei den Kreditkonditionen im Mittelstand bringen, teilte der Verband mit. Dies nähre die Hoffnung, dass die Unternehmen ihre Investitionspläne aufrechterhalten.

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