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Wirtschaft: Leo Kirch punktet gegen Bankier Breuer

Deutsche Bank ist für ein unbedachtes Wort ihres Chefs schadenersatzpflichtig – Kirch verlangt 100 Millionen Euro

München (nad). Der ehemalige Chef der Deutschen Bank und heutige Aufsichtsratsvorsitzende, Rolf Breuer, ist im Rechtsstreit mit dem Medienunternehmer Leo Kirch zum Schadenersatz verpflichtet. Dazu hat ihn und die Deutsche Bank das Landgericht München am Dienstag verurteilt. Grund für den Rechtsstreit war eine Äußerung Breuers über die mangelnde Kreditwürdigkeit Kirchs. Dieser will Breuer nun auf mindestens 100 Millionen Euro Schadenersatz verklagen.

Breuer sei wegen seiner Äußerungen über die Kreditwürdigkeit der KirchGruppe in einem Fernsehinterview schadenersatzpflichtig, weil er gegen die Schweigepflicht der Banken verstoßen habe, urteilte Richter Helmut Lieber. Über die Höhe des Schadenersatzes wird in einem separaten Verfahren entschieden. Grundsätzlich müssen die Deutsche Bank und Breuer sämtliche Schäden ersetzen, die den Kirch-Gesellschaften als Konsequenz aus dem Interview entstanden sind und noch entstehen werden.

Die Kirch-Gruppe kündigte an, so schnell wie möglich Ausgleichszahlungen einzufordern. „Ich gehe von einer Größenordnung von mindestens 100 Millionen Euro aus“, sagte Kirch-Anwalt Wolf-Rüdiger Bub. Bub war zufrieden mit dem Urteil. „Es lässt nichts an Deutlichkeit zu wünschen übrig“, sagte er. Es habe große Bedeutung, weil erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik ein Gericht ein Kreditinstitut und dessen obersten Manager schuldig gesprochen habe. Auch der Kirch-Vertraute Dieter Hahn zeigte sich zufrieden. „Es geht nicht nur um Finanzielles, sondern um ein Stück Gerechtigkeit und die richtige Einordnung der damaligen Vorgänge“, sagte er. Hahn rechnet mit einem langen Weg durch die Instanzen, da Kirch nun nachweisen muss, dass sein Imperium ohne Breuers Äußerung nicht zusammengebrochen wäre. Auch der Wert des entstandenen Schadens wird Branchenkennern zufolge nur schwer zu beziffern sein.

Kirch hatte Breuer vorgeworfen, sein Unternehmen durch die Anfang Februar 2002 geäußerten Zweifel an seiner Kreditwürdigkeit in die Pleite getrieben zu haben. Breuer hatte in einem Interview auf die Frage, ob die Banken dem in Finanznöten geratenen Kirch weiter helfen werden, gesagt: „Was alles man darüber lesen und hören kann ist ja, dass der Finanzsektor nicht bereit ist, auf unveränderter Basis noch weitere Fremd- oder gar Eigenmittel zur Verfügung zu stellen.“

Nach Ansicht der Richter hat Breuer damit „gegen die vertraglich vereinbarte Verschwiegenheitspflicht hinsichtlich jeder kundenbezogenen Tatsache und Wertung eines Kreditkunden“ verstoßen. Unstreitig sei die Deutsche Bank zum fraglichen Zeitpunkt Kreditgeber gegenüber einem Hauptunternehmen der Kirch-Gruppe gewesen. Kirch schuldete dem Institut damals 700 Millionen Euro. „Das Interview gibt nicht lediglich Offenkundiges wieder und überschreitet die Grenze zur Rechtswidrigkeit“, so die Richter.

Breuers Anwälte hatten argumentiert, Breuer habe lediglich bekannte Fakten wiedergegeben. Den Kirch-Verteidigern zufolge hatte erst das Interview dazu geführt, dass die Banken Kirch den Geldhahn zudrehten. Sie bezeichneten die Äußerung als „Todesstoß für die Kirch-Gruppe“. Am 8. April 2002 musste Kirch-Media als erste Konzernsparte Insolvenzantrag stellen. Die großen Säulen des Kirch-Imperiums, Kirch Pay-TV, die Taurus-Holding und die Kirch Beteiligungen folgten im Mai und Juni.

Breuer und die Deutsche Bank können nun in Berufung gehen. „Wir werden das Urteil zunächst analysieren. Es ist aber damit zu rechnen, dass wir in die Berufung gehen werden“, sagte ein Sprecher. Für das größte deutsche Kreditinstitut kommt die gerichtliche Niederlage zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Erst am Montag hatte die Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit der Mannesmann-Affäre unter anderem Anklage gegen den Vorstandssprecher der Deutschen Bank, Josef Ackermann, erhoben.

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