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Eine Hochzeits-Garantie gibt es bei Online-Partnervermittlungen nicht. Doch jeder dritte Suchende, sagen die Agenturen, wird fündig.

© p-a/dpa

Liebe finden im Internet: Was Online-Partnervermittlungen wirklich taugen

Liebe per Mausklick: Jeder zweite deutsche Single nutzt kostenpflichtige Partnerbörsen im Internet. Die wichtigsten Tipps zum Valentinstag.

Von Maris Hubschmid

Am Ende eines weinseligen Abends setzte Rita Wagner sich an den Computer. „Ich brauche einen Mann!“, hatte sie ihren Freundinnen erklärt. Doch woher nehmen und nicht stehlen? Schließlich schlossen die Frauen einen Pakt – alle drei meldeten sich für ein Jahr bei einer Online-Partnervermittlung an und versprachen, einander bei der Partnersuche auf dem Laufenden zu halten. Jetzt ist die 53-jährige Verlagsangestellte mit Roland Platow zusammen. „Für ihn war diese Art des Kennenlernens genauso ungewohnt wie für mich“, sagt sie. Es war die jeweils erste Internetverabredung – „und wir haben uns auf Anhieb sehr wohl gefühlt“.

Elfeinhalb Millionen Alleinstehende leben in Deutschland. Studien zufolge besuchen mehr als die Hälfte von ihnen mindestens einmal im Monat ein Internetportal, um die Liebe zu finden. Mehr als 2000 Anbieter gibt es laut dem unabhängigen Vergleichsportal „Singlebörsen-Vergleich“ inzwischen. Der Gesamtumsatz des Marktes beläuft sich auf rund 190 Millionen Euro pro Jahr.


Das Persönlichkeitsbild

Das Prinzip ist bei allen Online-Partnervermittlungen ähnlich: Im Zuge der Anmeldung füllen die Nutzer einen Fragebogen aus. Der erinnert an die Selbsttests in Frauenzeitschriften: Was ist Ihnen lieber – eine Partynacht mit Freunden oder ein gemütlicher Abend zu Hause? Rita Wagner sagt: „Ein bisschen komisch habe ich mich schon gefühlt dabei.“ Vor allem, als die Frage kam: „Wie hoch schätzen Sie Ihre Attraktivität unter hundert zufällig ausgewählten Personen ein?“

Die Fragebögen sind von Psychologen kreiert und setzen je nach Anbieter unterschiedliche Schwerpunkte. Die Auswertung der Angaben übernimmt ein Computer. „Das ist ein ausgetüfteltes System“, sagt Wiebke Neberich, Psychologin und Mitarbeiterin bei eDarling.de. Die Maschine erstellt ein Persönlichkeitsbild und gleicht es mit denen anderer Nutzer ab. „Eine möglichst hohe Zahl gleicher Antworten verheißt aber nicht unbedingt das perfekte Match.“

Keine Garantie zum verlieben

Zwischen 15 und 20 Kontakte garantieren die Anbieter. Bei eDarling sind es bloß sieben, die seien dafür umso passgenauer, verspricht das Unternehmen. Erste Vorschläge bekommt man schon am ersten Tag. Die Garantie zum Verlieben oder gar Heiraten aber gibt es nicht.

Niemand ist verpflichtet, ein Foto hochzuladen. Doch nur, wer das gemacht hat, bekommt die Bilder der anderen zu sehen. Dazu gibt es Basisinformationen wie Alter, Wohnort und Beruf. So weit ist alles kostenlos. Wer dann mehr über den anderen erfahren will, muss zahlen. Bis zu 358 Euro im Jahr verlangen die Agenturen, bei 118 Euro (Partner.de) geht es los. Das Minimum ist meistens eine dreimonatige Mitgliedschaft. „Ganz schön happig“, sagt Rita Wagner. Der 32-jährige Simon Berg, der sich bei ElitePartner.de angemeldet hat, sieht es anders: „Das ist weniger als ein Euro am Tag. Wenn ich regelmäßig Cafés und Bars aufsuche, um Frauen kennenzulernen, bin ich schnell mehr Geld los.“

Bei etlichen Portalen lohnt es sich zudem, nach der Anmeldung erst einmal abzuwarten. Wer nach mehreren Wochen noch immer keinen kostenpflichtigen Service in Anspruch genommen hat, also auf keinen Vorschlag eingegangen ist, den locken die Firmen mit Schnäppchenangeboten bei bis zu 30 Prozent Rabatt.

Anders arbeitet die Börse Prime-Date.de. Dort ist für Frauen alles kostenlos. Nach dem Prinzip „Ladys’ Night“ in der Disco – wo sich Frauen tummeln, kommen Männer hinterher.

Viele Nutzer tauschen erst mal zahlreiche Mails aus. Andere verabreden sich schon früh zu einem Treffen. Rita Wagner und ihre Freundinnen haben sich ein Sicherheitsnetz gestrickt: „Wir hatten ähnliche Vorstellungen, darum doppelten sich meistens die Vorschläge.“ Schien ein Mann Rita Wagner interessant, hat sie die anderen gefragt: Hatten die auch Kontakt zu ihm? Was hat er denen erzählt? Macht er allen Frauen die gleichen Komplimente? Und dann die Fangfrage an den Kandidaten. „Triffst du dich auch mit anderen Nutzerinnen?“ Roland Platow war ehrlich. „Also blieb er im Rennen.“

Nicht jeder Nutzer ist zufrieden

Vorsicht vor kniffligen Klauseln

Jeder Dritte, heißt es etwa beim Unternehmen Be2.de, werde im Onlineportal fündig. Doch nicht immer sind die Menschen mit den eingekauften Leistungen zufrieden. „Eine Dame wollte partout einen Tänzer, doch unter den angepriesenen Herren war kein einziger dabei“, sagt Rüdiger Strichau, der sich bei der Verbraucherzentrale Berlin mit Rechtsfragen beschäftigt.

Ärger gibt es auch mal, wenn Nutzer von den Kosten, die ihre Aktivitäten verursacht haben, überrascht werden. Ende 2011 hat das Landgericht Berlin eine Einstweilige Verfügung gegen das Unternehmen ElitePartner.de erlassen, weil es Abonnements nicht deutlich genug gekennzeichnet hatte. In anderen Fällen ärgern sich Kunden über stille Laufzeitverlängerungen. Ein Streitthema ist der Widerruf: Laut Gesetz haben Kunden das Recht, binnen 14 Tagen vom Vertrag zurückzutreten. „Weil aber grundsätzlich im Voraus Geld verlangt wird, haben Kündiger mitunter große Mühe, dieses dann zurückzuholen“, sagt Strichau. Lange gab es Diskussionen: Nutzt jemand zwei Wochen lang ausgiebig die Vermittlungs-Services und gewinnt Kontakte, sei er offenbar mit dem Angebot zufrieden, argumentierten die Anbieter. Inzwischen ist geklärt: Selbst, wenn der Nutzer schon von den Leistungen profitiert hat, darf er ohne Angabe von Gründen kündigen. Das hat jüngst das Landgericht Hamburg bekräftigt (Az.: 312 O 93/11).

Die Authenzität ist hoch

Ein Unternehmen wurde abgemahnt, weil es registrierten Mitgliedern gefakte Kontaktnachrichten schickte, um sie zu Aktivitäten zu bewegen. „Solche Fälle sind aber die Ausnahme“, sagt Strichau. Die Glaubwürdigkeit ist schließlich das Kapital der Anbieter: „Bei uns prüft ein 20-köpfiges Team jede neue Registrierung“, sagt Jan-Pierre Richter von eDarling.de.

Spezielle Programme erkennen, ob Fotos tatsächlich aus dem persönlichen Bestand des Nutzers kommen oder aus dem Internet kopiert wurden. Wer Scherznamen oder Anzügliches eingibt, wird geblockt. Bei einer Kundenhotline können Kunden melden, wenn ein Mitglied, mit dem sie sich getroffen haben, unseriöse Absichten verfolgt, sie etwa um größere Geldsummen angeht. „Das ist natürlich schwierig nachzuvollziehen, wenn es sich um Vorfälle bei persönlichen Treffen handelt“, sagt Richter. Allein die vollbusige Blondine, die einladend vom Werbebanner lächelt, existiert in der Regel nicht. „Das geht schon aus Gründen des Datenschutzes nicht“, sagt Strichau – und um den sei es in der Branche recht gut bestellt.

Zwar erreichen die Verbraucherzentralen mehr Anfragen als früher – weil die Nutzerzahlen steigen, und weil die Hemmungen sinken, offensiv mit der Mitgliedschaft in einer Partnerbörse umzugehen. „Das Modell ist gesellschaftsfähig geworden. Vielen Menschen mangelt es an Zeit und Gelegenheiten, neue Leute kennenzulernen“, sagt Strichau. Insgesamt sei die Zahl der Beschwerden trotzdem gering.

Nicht jeder ist willkommen

Das Durchschnittsalter liegt bei Online-Partnerbörsen zwischen 38 und 43 Jahren. Aber auch 90-Jährige sind vertreten. Nur junge Leute Anfang 20 sind noch nicht bereit, für Partnervermittlung zu bezahlen – und versuchen ihr Glück eher bei Facebook. Besonders häufig kontaktiert werden Architekten und Ärzte. Mitmachen kann in der Regel aber jeder. Eine Ausnahme ist die Vermittlungsagentur ElitePartner.de: „Unsere Mitarbeiter entscheiden, ob ein Nutzer in das Portal passt“, sagt Berndt. Der Sprachstil könne ein Indikator sein. Weitere Details zu den Auswahlkriterien möchte sie nicht machen. „Ein akademischer Abschluss ist aber keine Voraussetzung.“ Anders ist das bei dem noch elitäreren Tochterunternehmen des Anbieters, AcademicPartner.de mit 150.000 Mitgliedern.

Und wenn man den Richtigen gefunden hat? „Wir haben uns beide gleich abgemeldet, obwohl wir für ein ganzes Jahr bezahlt hatten“, sagt Rita Wagner. „Sonst bleibt doch immer die Versuchung, einen Blick in die Anfragen zu werfen“ – vielleicht gibt es doch noch einen Besseren.

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