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Zumwinkel

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Liechtenstein-Affäre: Steuersünder - jetzt kommen die Fahnder

Nach der Razzia beim bisherigen Postchef Klaus Zumwinkel sollen in dieser Woche 125 Hausdurchsuchungen bei mutmaßlichen Steuersündern folgen. Der Bund erwartet sich davon Nachzahlungen in dreistelliger Millionenhöhe - und hält deshalb die Zahlung von fünf Millionen Euro an einen Informanten für gerechtfertigt.

Nach Bekanntwerden der Steueraffäre von Postchef Klaus Zumwinkel wird heute eine Welle von weiteren Hausdurchsuchungen erwartet. Wie die "Süddeutsche Zeitung" erfahren haben will, wollen die Fahnder pro Tag 20 bis 25 Wohnungen und Büros durchsuchen. Allerdings wird erwogen, die Durchsuchungen auszusetzen, falls der Medienrummel wie im Fall Zumwinkel anhält. Zur Razzia bei dem bisherigen Postchef am vergangenen Donnerstag waren mehrere Fernsehteams erschienen; das ZDF war vor Eintreffen der Fahnder vor Ort.

Ebenfalls heute will der Aufsichtsrat der Deutschen Post über einen Nachfolger für den am Freitag zurückgetretenen Zumwinkel beraten. Dabei scheint ausgemacht, dass der bisherige Logistikvorstand Frank Appel (46) Zuwinkels Nachfolger wird. Appel steht allerdings selbst nach einem Bericht der "Bild" vom Wochenende in der Kritik, weil er wenige Tage vor der Mindestlohn-Entscheidung Post-Aktien im Wert von rund zwei Millionen Euro verkauft haben soll. Auch Zumwinkel war wegen eines ähnlichen Finanzgeschäfts in die Kritik geraten.

Die Bundesregierung erhofft sich von den Ermittlungen gegen die mutmaßlichen Betrüger mehrere hundert Millionen Euro aus Steuernachforderungen. Für die Daten, die auch zu Zumwinkels Verhaftung führten, wurden an einen unbekannten Informanten etwas mehr als vier Millionen Euro gezahlt, räumte Finanzministeriums-Sprecher Torsten Albig ein. Dabei scheint noch unklar, um welchen Betrag es sich genau handelt und wer ihn letztlich bezahlen soll. Nach Informationen der "Süddeutschen" schwebe den Beamten in Berlin vor, der Bund und das Land NRW könnten sich die Zahlung teilen. Dessen Finanzminister Helmut Linssen lehnt eine solche Regelung aber ab: "Das ist nicht unser Bier", so Linssen zur "Süddeutschen".

Das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" und die "Süddeutsche" berichten unterdessen, für diese Woche seien 125 Razzien geplant. "Focus" erwartet Durchsuchungen bei weiteren prominenten Millionären mit den Schwerpunkten Köln und Düsseldorf. Der Sprecher der Bochumer Staatsanwaltschaft, Bernd Bienioßek, will die Berichte aber nicht bestätigen.

Weitere prominente Steuersünder?

Nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" wurden beim Amtsgericht Bochum 900 Durchsuchungsbeschlüsse gegen 700 mutmaßliche Steuersünder erwirkt. Es gehe um insgesamt 3,4 Milliarden Euro. Bei dieser Summe dürfte es sich um zu versteuerndes Geld handeln. Das "Handelsblatt" schreibt unter Berufung auf Regierungskreise, bei den Steuernachzahlungen werde eine Summe von 300 bis 400 Millionen Euro erwartet.

Die "Welt" berichtet, Zumwinkel sei der prominenteste Verdächtige in der Steueraffäre. Allerdings gebe es mehrere mutmaßliche Steuersünder, die weit mehr Geld am deutschen Fiskus vorbeigeschleust hätten, heißt es unter Berufung auf Ermittlerkreise.

Hat BND in Liechtenstein legal operiert?

Die Politik beschäftigt sich derweil mit der Rolle des BND in der Affäre, der Informationen über die Liechtensteiner Geschäfte an die Behörden weiter geleitet und die fünf Millionen Euro "vorgestreckt" haben soll. In dieser Woche soll das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestags zu dem Thema angehört werden. Es geht dabei vor allem um die Frage, ob der Nachrichtendienst bei der Beschaffung der Daten nach Recht und Gesetz gehandelt habe, heißt es etwa bei der FDP, die laut Generalsekretär Niebel bereits einen entsprechenden Antrag gestellt habe.

Laut "Spiegel" war der Informant 2006 auf den BND zu gekommen, mit dem er schon zuvor zu tun gehabt habe. Nach mehreren Treffen und der Übergabe von Stichproben hätten die Fahnder das Millionenhonorar auf einem Notarkonto deponiert. Bei den "rund tausend" Datensätzen auf der übergebenen DVD handele es sich um Depotauszüge, Korrespondenzen und Vermerke. (mit dpa/ddp)

Jörg Vogler

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