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Lieferdienste: Wie Online-Plattformen das Geschäft mit dem Essen umkrempeln

Ihr Versprechen: Sie bringen das Essen aus dem Lieblingsrestaurant nach Hause. Nicht nur Rocket Internet wittert in neuen Lieferdiensten einen Multi-Milliarden-Markt.

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Das Geld fährt auf der Straße. Auf Rädern oder Rollern, hinten drauf schwarze Thermokisten mit Känguru-Logo. 70 Millionen Dollar haben Investoren dem Start-up Deliveroo kürzlich zugesagt, damit es weiter wachsen kann. Das Unternehmen steht stellvertretend für die nächste Stufe der Essenslieferer aus dem Netz. Die Londoner bringen all jenen eine warme Mahlzeit, die ihr Lieblingsrestaurant mögen, aber zu faul sind, selber hinzugehen. Die Idee: Für viele kleine Gastronomen lohnt sich ein eigener Lieferdienst nicht, viele Kunden haben keine Lust mehr auf kalte Pizza aus der Pappschachtel. 32 Minuten, verkündet die Webseite von Deliveroo in Echtzeit, dauert es derzeit von der Bestellung bis zum Klingeln an der Wohnungstür – im Schnitt. Deliveroo, Foodora oder Urban Taste, sie alle konkurrieren um dieselbe Zielgruppe: tagsüber Büros, abends Privatleute mit einem gewissen kulinarischen Anspruch. Für ihre Dienste kassieren sie beim Restaurant eine Servicegebühr – von 30 Prozent des Umsatzes ist die Rede.

Über seine Beteiligungen mischt auch die Berliner Start-up-Schmiede Rocket Internet mit. Ihr gehören sowohl Foodora-Anteile als auch rund 40 Prozent an der Urban-Taste-Mutter Delivery Hero. Für Rocket-Chef Oliver Samwer bergen digitale Geschäftsmodelle rund um das Thema Essen großes Potenzial. Mit einer Größe von über 300 Milliarden Euro sei der Sektor derzeit der vielversprechendste im Internet, sagte der Unternehmer im Frühjahr anlässlich des Einstiegs bei der Berliner Plattform Delivery Hero. Größer als Heim, Mode oder Reise.

Im Unterschied zu Lieferdiensten wie Deliveroo decken Delivery Hero und Konkurrenten wie Lieferando den Massenmarkt ab. Der Kunde findet dort hunderte Angebote vom Pizzadienst über den Asia-Imbiss bis zur Burgerbude, die alle selbst ihre Essen ausliefern und eher im unteren Preissegment beheimatet sind. Auf diesen Portalen gelistet zu sein, kostet den Gastronom dafür mit zehn bis 15 Prozent vom Umsatz allerdings auch deutlich weniger als bei den Premiumdiensten.

Rund 600 Millionen Euro hat Rocket Internet inzwischen für Delivero Hero – hierzulande bekannt als Lieferheld – ausgegeben, davon auch einiges, um dem Unternehmen die Expansion in neue Märkte zu bezahlen: inzwischen sind es mehr als 30. Nach einer Finanzierungsrunde Anfang Juni wurde das Unternehmen, das allein in Berlin nach eigenen Angaben 560 Menschen beschäftigt, mit 3,1 Milliarden Dollar bewertet. Es gilt als sicherer Kandidat für einen Börsengang.

Diesen inoffiziellen Kandidaten-Status hat seit Kurzem auch der Lieferdienst Hello-Fresh. Das Unternehmen versorgt seine Kunden mit Rezepten zum Selbstkochen und liefert dabei gleich die Zutaten mit an die Haustür. Hier ist Rocket Internet inzwischen sogar Mehrheitseigner, im Frühjahr sammelte das 2011 gegründete Start-up 110 Millionen Euro bei Investoren ein. In der zu Ende gehenden Woche machten dann Gerüchte unter Berufung auf Insider die Runde, Hello-Fresh könne im Herbst an die Börse gehen. Weder Hello-Fresh noch Rocket wollten das kommentieren.

Kritiker werfen den neuen Online- Plattformen – egal ob Reisen, Wohnen oder Essen – vor, auf Kosten anderer Geschäfte zu machen: Tage- oder Stundenlöhner, die ohne soziale Absicherung arbeiten. Die Unternehmen weisen diese Vorwürfe regelmäßig zurück. Wer für Foodora essen ausfährt, bekommt angeblich zehn Euro in der Stunde.

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