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Wirtschaft: LizAnn Doyle bringt den Euro zu An Post

DUBLIN .Für LizAnn Doyle ist der Weg zum Euro so lang wie der endlos scheinende grüne Teppich im Korridor der irischen An Post.

DUBLIN .Für LizAnn Doyle ist der Weg zum Euro so lang wie der endlos scheinende grüne Teppich im Korridor der irischen An Post.Die 35jährige Beraterin der Firma Cap Gemini hilft von ihrem Büro in der Postzentrale aus gemeinsam mit zwei Kollegen der An Post, die zahlreichen Entscheidungen zu treffen, die bis zur endgültigen Einführung des Euro in weniger als drei Jahren erforderlich sind."Die Planung muß jetzt stattfinden", sagt die Irin."Sie duldet keinen Aufschub.Aber es ist schwer, das den Leuten begreiflich zu machen."

LizAnn Doyle ist eine der zahlreichen Berater, die weltweit Firmen dabei unterstützen, die komplexen Auswirkungen des Euro zu bewältigen.Der Euro ist zur Goldgrube für Firmen wie Cap Gemini Group, Arthur Andersen LLP und International Business Machines Corp.geworden.Ihre Berater reisen um den ganzen Erdball, um Kunden in die Startlöcher zu verhelfen.Manche arbeiten in zweiwöchigen Projekten, andere verbringen Monate oder Jahre damit, die Arbeit von Beratern und Mitarbeitern zu koordinieren.Nehmen Sie zum Beispiel LizAnn Doyle.Die gebürtige Dublinerin hat, seit sie vor zwei Jahren ihre Tätigkeit bei der Cap Gemini aufnahm, zahlreiche Projekte betreut.So hat sie für Aer Lingus, der irischen Fluggesellschaft, die Auswirkungen des Euro bewertet und die Vorarbeit für einige Projekte bei Bausparkassen geleistet.Verbringt man einen Tag mit Frau Doyle, wird das Ausmaß ihrer Arbeit klar.

In einer Reihe Konferenzen mit Top-Funktionären diskutiert sie, wie das Personal geschult und die Kunden informiert werden sollen.Neue Euro-Umrechner müssen gekauft, Frankiermaschinen und Computersysteme umgewandelt werden.Schweren Herzens erwägt die Post sogar, den Preis für Briefmarken in Euro abzurunden - ein Vorhaben, das den Umsatz erheblich drücken kann.Diese Entscheidungen können nicht bis zur letzten Minute aufgeschoben werden.Kurz vor 11 Uhr sucht Frau Doyle wie jede Woche den Finanzprüfer von An Post, Edward McNestry, auf, um den neusten Stand des Projekts zu besprechen.Eine der ersten Fragen: Wie soll man auf die Forderung der 1900 irischen Postämter nach vorprogrammierten Taschenrechnern reagieren, welche die Umrechnung von irischen Pfund auf Euro erleichtern? McNestry möchte wissen, wie viele Kunden bislang darum gebeten haben, in Euro abzurechnen.Eine kleine irische Firma begann damit in der ersten Januarwoche, andere Firmen folgten.McNestry erwartet, daß multinationale Unternehmen wie Microsoft, das seine europäische Zentrale in Dublin hat, folgen werden: "Wir müssen darauf reagieren."

Das Euro-Projekt bei An Post läuft seit Februar 1998.Es begann mit einem sechswöchigen Workshop, an dem hundert Führungskräfte teilnahmen.Heruas kam ein "Generalstabsplan".Vordringlich mußten die Wechselbüros bis zum 4.Januar 1999 auf den Umgang mit Euro-Schecks und Kreditkarten vorbereitet werden.LizAnn Doyle bot Ende Februar den neun geschäftsführenden Direktoren eine 40minütige Präsentation.Wenngleich An Post nach internationalem Standard nur ein mittleres Unternehmen ist, betreibt es doch vielfältige Geschäfte.Seine Filialen werden wöchentlich von 1,5 Millionen Kunden aufgesucht.Die nehmen nicht nur Briefe und Päckchen entgegen, sondern bieten auch viele andere Produkte und Dienstleistungen an.

Um 11.50 Uhr ist LizAnn Doyle zurück in ihrem Büro.Kurz nach 12 Uhr klingelt das Telefon.Der irische Finanzminister Charlie McCreevy wird in der Zentrale der Post erwartet.Er will eine Broschüre der Regierung vorstellen, die in den Filialen der Post verteilt werden und die Kunden über die Währungsunion informieren soll.McCreevy spielt die Schwierigkeiten der Umstellung herunter: "Ich glaube nicht, daß es so schwierig sein wird wie 1971." Damals stellte Irland von dem System, in dem das Pfund 240 Pence hatte, auf das Deziamalsystem um."Je näher der Termin rückt, desto aufmerksamer werden die Leute."

LizAnn Doyle weiß, daß es für die Firmen schwer sein wird, ihre Kunden zu erziehen.Mitarbeiter der Post mußten Kunden beruhigen, die angesichts des Wechselkurses von 80 Cents für ein irisches Pfund überzeugt waren, bei der Umstellung auf den Euro Geld zu verlieren.Die Schulung der Mitarbeiter, die um 12.20 Uhr auf Frau Doyles Programm steht, ist eine ähnlich schwierige Aufgabe.Sie trifft sich mit dem Entwicklungsmanager von An Post, James Finley, und Sean Collins, einem Ausbilder, um die Fortschritte zu besprechen.Die Post hat in vielen ihrer Postämter Euro-Experten benannt.Mehr als 120 wurden bisher in Lehrgängen in Dublin und ganz Irland geschult.Das Erlernte sollen sie an die Mitarbeiter weitergeben.Zur Unterstützung hat An Post eine Telephon-Hotline errichtet.Kurz vor Weihnachten sandte An Post eine farbige Informationsbroschüre an alle 8000 Mitarbeiter.Sie erläuterte die Grundzüge des Euro.Um sicherzugehen, daß die Broschüre nicht im Abfalleimer landen würde, ließ sich An Post etwas einfallen: Einen Euro-Wettbewerb.Wer alle von Beginn an am Euro teilnehmenden Lände nennen konnte, konnte einen Farbfernseher gewinnen.

Kurz nach 13 Uhr bespricht LizAnn Doyle mit McNestry und Ronan Byrne, einem Finanzdirektor bei An Post, beim Mittagessen die Zukunft von An Post.Byrne meint, die Deregulierung werde zusammen mit der Einführung des Euro Zusammenschlüsse im Postbereich vorantreiben.Die Branche werde wahrscheinlich von großen Anbietern wie der Deutschen Post AG und Hollands TNT Post Konzerns, die bereits jetzt außerhalb ihrer nationalen Grenzen expandierten, dominiert werden.An Post sei möglicherweise gezwungen, sich mit anderen Anbietern zusammenzuschließen, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Um 15.15 Uhr sucht LizAnn Doyle Frank Ennis, den Finanzprüfer von Letter Post, auf.Ennis ist mit großen und kleinen Problemen konfrontiert.Der Preis einer regulären irischen Briefmarke zum Beispiel beträgt 30 Pence.Umgerechnet in Euro sind das 38,1 Cents.Ennis weiß, daß er diesen Betrag wohl auf 38 Cents abrunden muß."Es scheint, als würde das nicht viel ausmachen, aber für Großkunden kann das ein erheblicher Unterschied sein.Es kann bei der Jahresbilanz den Gewinn um mehrere tausend Pfund senken." Es beschäftigt ihn außerdem, wie ein problemloser Übergang für die 11 300 Frankiermaschinen aussehen könnte, die von vielen Firmen benutzt werden.Diese Maschinen, für die Porto bis maximal 9000 Pfund vorausbezahlt werden kann, müssen bis zum 1.Januar 2002 auf Euro umgestellt werden."Es ist ein Albtraum, all diese Kunden aufzusuchen, um die Maschinen umzustellen", sagt Ennis."Aber wir müssen verhindern, daß 11 000 bis 12 000 Kunden am 1.Januar 2002 an den Postschaltern Schlange stehen."

Nachdem sie um 16.15 Uhr wieder in ihrem Büro ist, widmet sich Frau Doyle organisatorischen Aufgaben.Nach jeder Besprechung überträgt sie ihre Notizen und schickt sie per E-mail an andere Mitarbeiter.Auf diese Weise sind alle auf dem gleichen Stand."Es ist so ein großes Projekt und so vielschichtig", sagt sie."Der Schlüssel zum Erfolg ist, die Organisation und die maßgeblichen Leute zu kennen, und die Kommunikation aufrecht zu erhalten."

Übersetzt und gekürzt von Karen Wientgen (EU, Gucci) und Svenja Rothley (Rußland, An Post).

DAVID WOODRUFF

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