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Wirtschaft: Lob des Skatbruders und Beach Boys

Der künftige RWE-Chef Großmann wird in New York geehrt, Ex-Kanzler Schröder hält die Laudatio

New York - Hat man Gerhard Schröder schon mal so unpolitisch erlebt? Der Ex-Kanzler redet zum ersten Mal seit dem Amtsende in New York, das Publikum mischt sich aus einflussreichen Amerikanern, angereisten deutschen Wirtschaftsbossen, auch Joschka Fischer und Otto Schily sind da. Doch kein Wort zum G-8-Gipfel oder zur Weltlage kommt Schröder über die Lippen.

Er könnte sagen, dass er Recht behalten hat mit seinem „Ohne mich“-Kurs im Irak. Es böte sich an, seinen Freund Wladimir Putin, den „lupenreinen Demokraten“, vor George W. Bush in Schutz zu nehmen, der gerade in Prag monierte, der Reformzug in Moskau sei entgleist. Doch Schröder redet über Skat, den Weinberg seines Freundes Jürgen Großmann in Australien und dessen Liebe zu Oldtimern.

Schröder ist als Laudator in den ehrwürdigen Metropolitan Club geladen, nicht als Provokateur. Großmann, Eigentümer der Georgsmarienhütte Holding – 9000 Angestellte, 2,3 Milliarden Euro Umsatz – und künftiger Chef des Energiekonzerns RWE, wird an diesem Abend für seine Liebe zu Amerika mit dem Vernon-A.-Walters-Preis der Atlantikbrücke ausgezeichnet. Eine pikante Konstellation: Russlandfreund Schröder, der sich selten in Bushs Amerika blicken lässt, ehrt den USA-Freund Großmann. Es ist ein echter Freundschaftsdienst. Sie sind alte Skatbrüder. Das Schöne an Großmann sei, frotzelt Schröder, dass der ein schlechter Spieler sei, meistens verliere – „trotzdem kommt er immer wieder“. Die Anerkennung amerikanischer Tugenden – Großmanns Optimismus, seine „can do“-Einstellung, die Aufbauleistung – balanciert Schröder mit dem Lob seiner sozialen Ader.

Großmanns Dankrede ist eine einzige Liebeserklärung an Amerika. In Kalifornien lagen die Traumstrände seiner Jugend, in Indiana hat er studiert, ein Fan der Beach Boys ist er bis heute geblieben und ein Jünger des US-Managementstils. Es ist eine amerikanische Rede voller Selbstironie, die den Saal zum Lachen bringt. Wenn er am Strand liege, könne es schon passieren, dass Umweltschützer herbeieilten im Glauben, es gelte einen gestrandeten Wal zu retten, spottet Großmann über sein Gewicht. Für ihn sind Deutschland und Amerika wie Geschwister, die rivalisieren, sich streiten und doch nicht voneinander lassen können. „Wenn sie zusammenhalten, werden sie auch wieder einen Hit landen“, sagt der künftige RWE-Chef. Wie damals die Beach Boys.

In zwei Politikfragen seien er und Gerhard Schröder einer Meinung, verrät Großmann: Studiengebühren sind richtig und der Atomausstieg war falsch. Im Hinausgehen singt er „Surfin’ USA“, natürlich von den Beach Boys. Christoph von Marschall

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