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Wirtschaft: Lobanovskij

Lobanowskij

Da, er hat mit den Augen gezwinkert. Oder doch nicht? Walerij Lobanowskij, der Buddha auf der Trainerbank, ist auch wegen seiner Regungslosigkeit eine Legende. Ein menschliches Monument mit Mantel und Fellmütze im kalten Kiewer Dynamo-Stadion, das inzwischen seinen Namen trägt. Er sagte nie etwas. Außer einmal: „Spieler wie Ronaldo bringen den Fußball nicht weiter.“ Ronaldo kann nur Tore schießen, die Spieler von Walerij Lobanowskij mussten aber alles können und auf jeder Position einsetzbar sein.

So hat Lobanowskij im Land des ehemaligen „Roboterfußballs“ als erster auf der Welt modernen, athletischen Kombinationsfußball spielen lassen, und das schon vor 30 Jahren. Er hat Oleg Blochin geformt, den besten russischen Spieler aller Zeiten. Er wertete schon in den 80er Jahren Spiele mit dem Computer aus, die Ergebnisse kannte nur er. Titel inklusive Europacup-Sieg gab es für den erfolgreichsten Trainer der Sowjetunion zuhauf, die meisten Nationalspieler spielten in Kiew.

Doch das Schicksal muss immer tragisch enden. Das wusste auch der Mann ohne Mimik aus der Ukraine, der auch Nationaltrainer der UdSSR war. Sein Kollektiv verlor bei der WM 1990 zweimal knapp, bevor es den Gruppensieger Kamerun mit 4:0 abfertigte. Die Mannschaft war ruhmreich und in Schönheit ausgeschieden. „Schön, wunderschön, aber vollkommen nutzlos“, war in den Zeitungen zu lesen. Zwei Jahre zuvor hatte seine Mannschaft bei der Europameisterschaft im Halbfinale Italien an die Wand gespielt, die Experten bejubelten den „Fußball des 21. Jahrhunderts“. Noch sensationeller war, dass Lobanowskij auf der anschließenden Pressekonferenz erschien. Wird er endlich erklären, wie das funktioniert? Als ihm eine Frage zu lang wurde, bot er dem Journalisten seinen Stuhl an und ging. Das Finale gewann Holland.

Als Walerij Lobanowskij im Mai vergangenen Jahres starb, wurde er in der Ukraine zum „Helden der Nation“ ernannt. In Lorkowskij schienen sich all die alten Männer des untergehenden Sozialismus zu versammeln, hieß es in einem Nachruf. Schade, dass er nicht mehr da ist. Ich hätte mich gerne einmal mit ihm über Fußball und Russland unterhalten.

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