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Wirtschaft: Lohn der Leiharbeit

Zeitarbeitsbranche verhandelt erstmals über Tarife/Gewerkschaften gegen Abschläge bis 20 Prozent

Berlin (alf/ce). Vor den Tarifverhandlungen für Leiharbeitnehmer kommt Schwung in die Branche. Am heutigen Mittwoch treffen sich die Verbände der Zeitarbeit in Bonn, um eine gemeinsame Tarifkommission zu bilden. In der kommenden Woche sind erste Gespräche mit den Gewerkschaften geplant. Damit wird erstmals flächendeckend für Zeitarbeiter ein Tarif ausgehandelt. Umstritten ist nach wie vor die Höhe des Einstiegstarif für die Leiharbeiter. Die HartzKommission hatte vorgeschlagen, dass der Lohn der Leiharbeitnehmer in den so genannten Personal-Service-Agenturen (PSA, siehe Lexikon Seite 18) deutlich unter Tariflohn liegen sollte. Zuletzt waren Abschläge bis zu 30 Prozent im Gespräch .

Der Verdi-Vertreter in den Tarifverhandlungen, Jörg Wiedemuth, sagte dagegen dem Tagesspiegel, er könne sich Lohnabschläge „bis zu 20 Prozent im Moment nicht vorstellen“. Entsprechend rechnen die Zeitarbeitgeber mit schwierigen Tarifverhandlungen. „Es wird schon einiges an Schweiß bedürfen“, sagte Werner Stolz, Geschäftsführer der Interessengemeinschaft Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (IGZ). In der IGZ sind rund 250 Zeitarbeitsfirmen mit 800 Niederlassungen organisiert. Der größere Bundesverband Zeitarbeit Personal-Dienstleistungen (BZA) zählt 200 Mitglieder mit 1500 Niederlassungen. Beide Verbände haben keine Erfahrung mit Tarifverhandlungen und werden auf das Know-how der großen Leiharbeitsfirmen wie Randstad, Adecco oder Start zurückgreifen müssen, die schon Tarife ausgehandelt haben.

Unterdessen signalisierte Wirtschafts- und Arbeitsminister Wolfgang Clement (SPD) kein Entgegenkommen im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat. Die Union hatte gefordert, Zeitarbeitnehmern im ersten Jahr einen niedrigeren Einstiegslohn zu zahlen. Bislang ist im Gesetzentwurf vorgesehen, dass für die gesamte Zeitarbeitsbranche ab dem ersten Verleihtag der Grundsatz „equal pay“ gelten soll. Wer als Leiharbeiter in einem Unternehmen arbeitet, soll danach den gleichen Lohn wie die Stammbelegschaft erhalten. Allerdings kann die Verleihfirma dem Arbeitslosen einen niedrigeren Einstiegslohn zahlen, wenn entsprechende Tarifverträge abgeschlossen wurden. Clement erwartet von den Tarifparteien, dass sie bis Sommer 2003 Abschläge vereinbaren. „Das ist tarifpolitisch einer der wichtigsten Schritte“, sagte der Minister am Dienstag. Die Gewerkschaften selbst wollen im ersten Quartal 2003 zu einem Ergebnis kommen. „Ich gehe davon aus, dass wir bei equal pay ab dem ersten Tag bleiben“, sagte Ursula Engelen-Kefer, stellvertretende DGB- Vorsitzende, dem Tagesspiegel. Aber Ausnahmen bestimmten die Regel: Die Gewerkschaften seien bereit, für schwer vermittelbare Personen andere Bedingungen auszuhandeln. Vor allem für schlecht ausgebildete Langzeitarbeitslose dürften größere Abschläge vereinbart werden, um deren Einstellungschancen zu verbessern.

Das sagt auch Verdi-Vertreter Jörg Wiedemuth, der für die Gewerkschaften die Verhandlungen mit den Zeitarbeitsverbänden führt. „Wir verschließen uns nicht derartigen Notwendigkeiten, aber der Abschlag muss sachlich begründet sein“, sagte Wiedemuth. Er sieht die Gefahr von „Drehtüreffekten“: Wenn Leiharbeiter weniger Geld bekommen als die Stammbeschäftigten, bestehe die Gefahr, dass Leiharbeiter die Stammkräfte ersetzten. „Das wollen wir durch Tarifverträge verhindern“, sagte Wiedemuth. Unterdessen will die Regierung der Opposition in anderen Punkten der Hartz- Reform entgegenkommen. Dazu gehören das Brückengeld, das älteren Arbeitslosen einen Übergang in den Ruhestand ermöglichen soll, sowie die Mini-Jobs. Die Union will die geplanten Billigjobs nicht auf private Haushalte beschränken. Die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet, dass die geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse nun auch auf Kellner, Verkäufer und Bürokräfte ausgeweitet werden sollen. Der Vermittlungsausschuss zwischen Bundestag und Bundesrat hatte sich vergangene Woche nicht auf einen Kompromiss über die Gesetze der Regierung zur Arbeitsmarktreform geeinigt. Eine Arbeitsgruppe soll nun bis zur nächsten Sitzung am 17. Dezember einen Kompromiss finden.

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