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Wirtschaft: Lohnanpassung vor der nächsten Tarifrunde umstritten

Vor den im Februar und März beginnenden Tarifrunden großer Branchen verschärft sich der Streit um die weitere Anpassung der Ost-Einkommen an West-Niveau. Während sich Forschungsinstitute gegen neue Anpassungsschritte und für eine zurückhaltende Lohnpolitik aussprechen, drängen Gewerkschaften auf einen schnellen Anschluss.

Vor den im Februar und März beginnenden Tarifrunden großer Branchen verschärft sich der Streit um die weitere Anpassung der Ost-Einkommen an West-Niveau. Während sich Forschungsinstitute gegen neue Anpassungsschritte und für eine zurückhaltende Lohnpolitik aussprechen, drängen Gewerkschaften auf einen schnellen Anschluss. Die Annäherung der Ost-Löhne sei in den vergangenen zwei Jahren fast zum Stillstand gekommen, sagte Reinhard Bispinck vom Wirtschafts-und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der DGB-nahen Hans Böckler Stiftung am Donnerstag. 1999 lagen die Ost-Löhne im Schnitt bei 91 Prozent des West-Niveaus, wobei sie je nach Branche zwischen 70 und 100 Prozent schwankten. Unter Berücksichtigung der längeren Arbeitszeit in den neuen Ländern - 39,2 Wochenstunden gegenüber 37,5 - sowie den geringeren Zusatzleistungen lagen die tatsächlichen Einkommen aber noch tiefer. Zudem ist die Tarifbindung im Osten weit niedriger als in den alten Ländern.

Den Auftakt der Tarifverhandlungen macht im Februar der "Trendsetter" Metall- und Elektroindustrie. Als nächste große Branchen folgen der kämpferisch gestimmte Öffentliche Dienst und das krisengeschüttelte Bauhauptgewerbe. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) plädiert dafür, dass die Tarifabschlüsse in Ostdeutschland keinesfalls über denen im Westen liegen sollten. In ihrem letzten gemeinsamen Bericht zur ostdeutschen Wirtschaft hatten das DIW, das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) und das Kieler Institut für Weltwirtschaft an die Tarifparteien appelliert, für die notwendige Kostenentlastung bei Unternehmen zu sorgen.

WSI-Experte Bispinck sagte, der Beschäftigungsaufbau werde nicht durch überhöhte Lohnkosten behindert. Kritiker sollten zur Kenntnis nehmen, dass im Osten bereits viel getan wurde, sagte er unter Hinweis auf die Öffnungs- und Härtefallklausel im Baugewerbe sowie in der Metallindustrie. Die steigende Arbeitslosigkeit im Osten sei auch auf den anhaltenden Stellenabbau im Öffentlichen Dienst sowie in der Bauwirtschaft zurückzuführen. Die Angleichung der Ost- Löhne dürfe nicht auf ewig verschoben werden.Anders als in den Vorjahren lag die Tarifsteigerung in den neuen Ländern 1999 im Durchschnitt nicht über der in den alten Ländern. Sie betrug laut WSI ebenfalls 3,0 Prozent, wobei es Abweichungen in einzelne Branchen gab. Immer mehr Ost-Unternehmen zahlen Vergütungen "unter Tarif". 1998 waren 25 Prozent aller Ost-Unternehmen - mit 50 Prozent aller Beschäftigten - an einen Branchentarifvertrag gebunden. Zwei Drittel der Unternehmen sowie 37 Prozent der Beschäftigten hatten keinen Tarifvertrag. Im Westen sind fast 70 Prozent aller Beschäftigten an Tarifverträge gebunden.

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