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Loveparade-Stiftung: "Unter zehn Millionen Euro müssen wir nicht anfangen"

Wie aktuell ein Stiftungsthema sein kann, wird am Beispiel der vor wenigen Tagen gegründeten LoveStiftung deutlich. Loveparade-Erfinder Matthias Roeingh setzt sich für die Hinterbliebenen des Duisburger Unglücks ein.

Kaum 100 Tage ist es her, dass es in Duisburg während der Loveparade zur Katastrophe kam. 21 Menschen starben in einer Massenpanik, 500 wurden zum Teil schwer verletzt und Tausende erlitten ein Trauma. Es sei damit zu rechnen, dass vor allem die psychische Bewältigung für viele noch lange dauern wird, so Loveparade-Urvater Matthias Roeingh alias Dr. Motte. Und deshalb sei eine Stiftung der richtige Ansatz, Opfern langfristig zu helfen. Gemeinsam mit dem Stiftungsexperten Rainer Güttler und dem Anwalt Adam Krawczyk, dessen Kanzlei-Partner bei der Massenpanik starb, hat er jetzt dafür die Stiftung gegründet.

„Wir sind die zentrale Anlaufstelle für alle Opfer und wenn wir mit einer Stimme reden, dann sind wir stärker als wenn jetzt noch mehr Stiftungen gegründet werden“, so Roeingh und spielt auf die Ankündigung des ehemaligen Innenministers und Opferanwalts Gerhart Baum an, eine weitere Stiftung zu gründen, an der sich alle Hauptverantwortlichen beteiligen sollen, darunter das Land Nordrhein-Westfalen und die Stadt Duisburg. Baum vertritt laut „Spiegel“ 57 Geschädigte. Der Prozess werde sich seiner Einschätzung nach noch bis 2012 hinziehen. Bis dahin bräuchten die Opfer eine zentrale Anlaufstelle, die mit maximaler Transparenz arbeite. Ein Schritt, der überflüssig scheint, denn die Gründer der LoveStiftung würden es begrüßen, wenn Baum und seine Initiative sich der bereits existierenden Stiftung anschließen würden und so alle Kräfte gebündelt wären, auch im Sinne der Aufklärung und Aufarbeitung der Ereignisse vom 24. Juli. „Wir handeln ja bereits im Sinne von Herrn Baum und wollen mit allen Beteiligten einen Runden Tisch initiieren“, betont Roeingh.

Dabei konzentriert sich die LoveStiftung neben der physischen und psychischen Versorgung der Opfer und Hinterbliebenen auch auf die Ausschöpfung aller Rechtsmittel gegenüber den Verantwortlichen und auf die Prävention, um solche Unglücke in Zukunft zu verhindern. „Wir sind in unserer Arbeit offen und wollen mit allen fähigen Kräften zusammenarbeiten“, sagt Roeingh. „Es geht hier um viele Tragödien, um Menschen, die unbürokratisch Hilfe brauchen. Das ist unsere humanitäre Verantwortung.“ Daher würden auch Anwälte, die mit der LoveStiftung zusammenarbeiten, der Stiftung einen Teil ihres Honorars als Spende überlassen. „Gemeinnützig heißt schließlich gemeinnützig“, unterstreicht Roeingh und hofft, dass sich noch viele Hilfsbereite und Hilfesuchende über die Webseite lovestiftung.de melden werden. Um für die langfristige Arbeit der Stiftung die nötige finanzielle Basis zu schaffen, würden bereits Gespräche mit potenziellen Geldgebern geführt, aber auch Benefizveranstaltungen und der Verkauf einer CD sind geplant, wie Vorstandsmitglied Rainer Güttler vergangene Woche bei einer Pressekonferenz in Düsseldorf verkündete. „Unter zehn Millionen Euro brauchen wir gar nicht erst anfangen“, sagte er.

Ganz so viel Startkapital hat die Robert-Enke-Stiftung nicht, aber mit 150 000 Euro steht sie für ihren Stiftungszweck, Projekte und Studien zur Aufklärung der Krankheit Depression und von Kinder-Herzkrankheiten zu unterstützen, für den Anfang gut da. Die Stiftungsgründung war im Januar, nur knapp zwei Monate nach dem Freitod von Nationalmannschaftstorhüter Robert Enke. Die Stiftung wird getragen vom DFB, dem Ligaverband und Enkes Bundesligaverein Hannover 69.

Dass eine Stiftung dabei zweierlei Gutes bewirken kann, bestätigt Robert Enkes Witwe Teresa. „Manchmal bekomme ich aber den Eindruck, dass nicht in erster Linie die Arbeit der Stiftung im Vordergrund einer Reportage steht, sondern vielmehr die trauernde Witwe“, sagte Enke unmittelbar vor dem ersten Todestag in einem DFB-Interview. Die Robert-Enke-Stiftung zeigt, wie auch die LoveStiftung, dass in der gemeinnützigen Arbeit nicht nur Opfern geholfen werden kann, sondern dass man sich als Gesellschaft ihrer erinnert, sie im Bewusstsein bleiben und ihr Leiden nicht unsinnig ist.

Für die Betroffenen der Love Parade ist nur wenige Tage nach der Katastrophe finanzielle Unterstützung auf den Weg gebracht worden, wenn auch bisher keine Stiftung so wie sie nun Matthias Roeingh gegründet hat und der Opferanwalt Gerhart Baum fordert. Am Soforthilfepaket von 1,5 Millionen Euro des Veranstalters „Lopavent“ und der Versicherung Axa beteiligt sich die Stadt Duisburg. Aus dem Rathaus heißt es, die Idee des Anwalts Gerhart Baum für eine Stiftung müsse man erst noch prüfen. „Aber die Stadt wird sich in keinster Weise Gesprächen mit Herrn Baum verweigern“, sagt der Sprecher des Bürgermeisters Adolf Sauerland. „Es scheint ja eine Notwendigkeit für weitere Hilfen zu geben.“ Auch das Land Nordrhein-Westfalen möchte den Vorstoß nicht kommentieren, sondern ihn erst gründlich untersuchen, heißt es aus der Staatskanzlei. Das Land unterstützt bisher die Opfer mit einem Nothilfefonds in Höhe von einer Millionen Euro. Dieser greife – so Gerhart Baum – jedoch zu kurz. So zahle der Fonds nur für stationäre Behandlungen. Die Behandlungsdauer dürfe zudem 40 Tage nicht überschreiten. Dabei gebe es aber auch viele schwer traumatisierte Opfer, die langfristig ambulante Hilfen bräuchten.

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